laut.de-Kritik

Enttäuschendes Comeback nach gut einem Jahr 'Ruhestand'.

Review von

Avicii ist zurück. Nach sage und schreibe zwölf Monaten Rente kredenzt der schwedische Superstar seinen Fans ein ganzes Sextett an frischem Material und beendet damit seinen vorzeitigen Ruhestand.

Doch künstlerische Aufmachung und Ankündigungsvisuals von Machu Picchu täuschen nicht darüber hinweg, dass die nun vorgelegte "Avīci"-EP mit formelhaften House-Titeln ein uninspirierter Leerlauf von bewährten Produktionstricks ist. Der eigentliche Grund, warum Avicii Anfang der 2010er ganz oben in der EDM-Nahrungskette stand, war ja, dass nicht nur sein Sound damals noch recht frisch und unverbraucht anmutete. Er besaß auch ein Händchen für spannende und kreative Samples - der Überhit "Levels" etwa basiert zu 80% auf dem gigantischen Etta James-Sample. Eine solide Leistung, doch nun zeigt sich: Subtrahiert man das besagte Soul-Sample, bleibt nicht viel übrig.

Auf "Avīci" präsentiert der schwedische Produzent sich in Abwesenheit aller Elemente, die seine Musik bis dahin einigermaßen interessant gemacht haben. Es fehlt die Persönlichkeit von dominanten Gastsängern, der Einfluss ideenreicher Co-Produzenten und die Präsenz von Samples oder Instrumenten, die aus dem Einheitsbrei ausbrechen könnten.

Die Mischung aus Pop-typischen Synthesizern, die auf Tracks wie "Friend Of Mine" oder "Without You" zu warmen, einladenden Rhythmen gebündelt werden, kontrastiert mit unaufdringlichem, kantenlosem Gesang, nichts klingt unangenehm, aber gleichzeitig bleibt auch nichts explizit im Gedächtnis. Wirklich frisch klingen die Staples von Tim Berg in Zeiten von Tropical House, Future Bass und Trap eben bei Leibe auch nicht mehr.

Das bedeutet nun nicht, dass die EP per se schlecht ist. Es bedeutet viel mehr, dass sie recht nichtssagend daher kommt. Irgendwo zwischen Radioleerlauf und Fahrstuhlmusik oszillieren auch die Gaststimmen von u.a. Rita Ora (auf "Lonely Together") und Sandro Cavazza ("Without You" und "So Much Better"), die zwar allesamt gestandene Pop-Interpreten mit trainierten Stimmen und validen Soloprojekten sein mögen, die aber weder in Sachen Performance noch bei den Lyrics irgendetwas an den Tag legen, das das Interesse weckt.

Im Grunde spricht es Bände, dass der erste Hördurchgang von "Avīci" so dermaßen spurlos an mir vorüber zieht, dass der Notizzettel für potentielle Kritikpunkte EP einfach gänzlich leer bleibt. Sehnt man sich nach unaufdringlichem Filler, während man auf Instagram surft oder sein Wohnzimmer saugt, macht "Avīci" zwar auch keinen schlechteren Job als die Heerscharen gesichtsloser House-Produktionen, die im Netz kursieren. Aber im Grunde könnte man auch einfach das Radio anmachen.

Trackliste

  1. 1. Friend of Mine (feat. Vargas & Lagola)
  2. 2. Lonely Together (feat. Rita Ora)
  3. 3. You Be Love (feat. Billy Raffoul)
  4. 4. Without You (feat. Sandro Cavazza)
  5. 5. What Would I Change It To (feat. AlunaGeorge)
  6. 6. So Much Better (Avicii Remix)

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