Axel Rudi Pell - " Sign Of The Times"

"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der schönste Gitarrist im ganzen Land?" Die Antwort fällt mit Blick auf Axel Rudi Pell eindeutig aus. Irgendwo zwischen Zauberer, Pony-(Frisur) und markantem Bart gelagert, verlässt sich Pell jedoch nicht auf sein Aussehen. Er weiß auch: Der Ton macht die Musik. Sein Spiel vereint das Malochertum eines breitbeinigen Bikers mit der verschwenderischen Kunst eines Schönheitschirurgen.

"Gunfire" zwirbelt sich als 70s-lastiger Hardrocker aus den Boxen mit lila gefärbten Orgeltupfern und einem majestätischen Solo, das Ritchie Blackmore nicht nur huldigt, sondern weiterführt. "Bad Reputation" wirkt wie einem Delorean entstiegen mit dem Time Code: L.A., Sunset Strip, 1985. Hairspray, ick hör dir trapsen.

Mit diesen beiden Tracks steckt die Band das Referenzspektrum ab. Weiter auf dem Zeitstrahl bewegt sich das Quintett nicht in Richtung Gegenwart. Muss es aber auch nicht. Im Titeltrack schraubt sich Sänger Johnny Gioeli aus dem epischen Midtempo in Dio-gleiche Gefilde hoch. "The End Of The Line" spendiert einen Fist Raising-Refrain erster Güte.

Bei "As Blind As Fool Can Be" weht ein Hauch "Wind Of Change" durch die Anlage. Zu "Waiting For Your Call" lässt sich am Morgen nach der abendlichen Zechtour gemütlich die müden Knochen recken. Bei "Wings Of The Storm" gniedelt Pell im neoklassischen Stil eines Yngwie Malmsteen. "Living In A Dream" huldigt ähnlich des fast identisch betitelten letzten Uriah Heep-Albums dem Traum des musizierenden Fahrensmann.

Der Closer "Into The Dream" ist ein elegischer Classic Rock-Schmachtfetzen und gibt einen würdigen Abschluss für ein starkes Albums des blonden Gitarristen aus Wattenscheid. Im Vergleich mit dem ähnlich gelagerten Michael Schenker Fest dreht "Sign Of The Times" "Revelation" eine lange Nase.