laut.de-Kritik
Da schau her: Doom mit deutscher Sprache!
Review von Ulf KubankeDoom aus Deutschland! Das klingt erstmal gar nicht ungewöhnlich. Doch das sind B.S.T. bei näherem Hinschauen sehr wohl. Die Hamburger Zeitlupenfetischisten machen dazu nämlich auch deutsche Texte. So unkonventionell die Idee, so im besten Sinne routiniert klingt ihr Longplay-Debüt. Genre-Fans sollten ein Ohr riskieren.
Ihr Doom, der von Hamburg aus über die Republik hereinbricht, ist ganz und gar klassisch angelegt. Keine schnörkeligen Verzierungen, kein Crossover-Mix zu anderen metallischen Spielarten. Stattdessen gibt es das totale Herunterfahren im Stil von Pionieren wie St Vitus oder Candlemass.
Der Titeltrack funktioniert als perfekt gewählter Opener, der alle Stärken der Combo auf den Punkt bringt. Die mäandernde Gitarre besitzt eine exponierte Rolle und erhält mitunter in den Solomomenten einen Platz als einziger Akteur. Alles andere schweigt sekundenlang. Ein schickes Stilmittel, das die suggestive Kraft der Platte und die Ausstrahlung der Band erhöht.
Ohne Growls nimmt der Sänger einen Weg zwischen Berserkervocals und Klargesang. Besonders bei letzterem ("Die Lüge") entwickelt sich ein schöner Kontrast zwischen der warmen Stimme und den finsteren, desillusionierten Zeilen. Das bringt das Drama noch mehr auf den Punkt, als immer das kehlig triefende Metalmonster zu geben. Man kann ihnen nur empfehlen, diese Stärke auf späteren CDs deutlich auszubauen.
Trotz überwiegend starker Songs fällt der Spannungsbogen mittendrin ein wenig ab. Nach den ersten Visitenkarten können "Die Lüge" oder "Die Bilder" den anderen Stücken nicht ganz das melodische Wasser reichen. "Die Nacht" hingegen punktet mit eigentümlicher Mischung aus eingängigem Rockthema und doomiger Entzerrung.
Der große Trumpf ist natürlich die Idee mit den deutschen Texten. Hauptsongwriter Heiko Wenck verarbeitet auf dem Album die auszehrenden, emotionalen Erlebnisse mit dem Leid seines Berufs als Alten- und Krankenpfleger. Zwar ist noch nicht alles sprachliches Gold, was hier glänzt. Aber im Vergleich zu den meisten Kollegen in Metal und Goth ist die Wahl der Sprache mutig, sind die Worte souverän gewählt.
Wenn sie noch etwas polieren und pointieren wird es bald ein lyrisches Niveau ergeben wie etwa bei Dornenreichs "Flammentriebe". Doch schon jetzt gelingen ihnen vereinzelte Momente, die sehr berühren. "Es ist kein Ankommen, ich bin nicht ich. / Komm schau mich an, Komm und schau mich an. / Und lass mich sehen, dass Du mich trotzdem berührst. / Ich lass Dich gehen, auch wenn ich alles verlier'".
Sehr gelungen für ein komplett unabhängig und selbst produziertes Debüt. Bitte auf dem eingeschlagenen Pfad weitermachen und demnächst ein Überalbum einspielen.
4 Kommentare
Totenmond haben auch Doom in deutscher Sprache gemacht.
Muss ich mal reinhören. Auf dem "Papier" klingt das ja schon mal gut.
totenmond haben sich damals ne mischung aus death, black, doom und core geschneidert. d a s hier ist komplett puristisch.@keine_Ahnung (« Totenmond haben auch Doom in deutscher Sprache gemacht. »):
@keine_Ahnung (« Totenmond haben auch Doom in deutscher Sprache gemacht. »):
Totenmond sind über sowas weit hinaus. Der Anwalt hat Punk in seiner Aufzählung vergessen, ein Merkmal, das bei Totenmond immer wieder zutage tritt. In Interviews nennt der Pazzer eigentlich als Haupteinflüsse durchgehend Bathory, Venom, EA80, Slime, und das hört man der Musik schon an. Die Bezeichnung "Metalcore", die das Label für die letzten Alben verwendet hat, ist in meinen Augen vollkommen unpassend und wird auch von der Band nicht mitgetragen. Ganz davon abgesehen sind Totenmond grandios. Im richtig harten deutschsprachigen Bereich kenne ich nichts besseres. Ich habe gehört, dass die an einem neuen Album arbeiten, da freue ich mich schon sehr drauf. ^^