laut.de-Kritik

Party like it's 1972!

Review von

Party like it's 1972! Nun ja, auf ">>>>", dem vierten Album des Psychedelic-Projekts Beak>, befinden wir uns bereits zu fortgeschrittener Stunde im vernebelten After-Hour-Sitzkreis, während von der Platte Can-Rhythmen und trippige Synthesizer-Mantras knistern.

Das britische Trio um Schlagzeuger und Sänger Geoff Barrow (Portishead) veröffentlichte seine neue Krautrock-Zeitreise ganz ohne Promo-Vorlauf als Überraschung, und erinnert mit dem Verzicht auf Single-Auskopplungen an die Bedeutung des Albumformats in dem von Streaming-Playlisten dominierten Musikbusiness. So gestaltet sich dieses Album in doppelter Hinsicht als Retro-Erlebnis.

In Zeiten von TikTok-Aufmerksamkeitsspannen wirkt diese Antihaltung trotz des Klangbilds aus einem deutschen Proberaum Anfang der Siebziger fast schon wieder wie ein neues Konzept. Man denkt an den einen nerdigen Kumpel, der einem einen Song der Platte vorspielt und dazu betont, dass es ja ein Verbrechen sei, das Stück aus dem Kontext zu reißen und man das Album unbedingt als Gesamtkunstwerk erleben müsse.

Sich dafür die Zeit zu nehmen, lohnt sich bei dieser überbordenden Klangreise jedenfalls. Zwei Jahre tüftelten Beak>, die sich nach der Tour zum Vorgänger ">>>" in einem walisischen Landhaus zusammenfanden, um neues Material zu schreiben, an diesem Album herum. Da dürfte das Sitzfleisch für 50 Minuten also nicht zu viel verlangt sein.

"Strawberry Line", die Hommage an Barrows Hund Alfie, der das Cover in Kaijū-Größe mit Laseraugen ziert und während der Aufnahmen einen großen Haufen unter das Studiopult machte, leitet das Album wie einen Gottesdienst mit schweren Orgelklängen ein. Langsam untergräbt ein wabernder Synthesizer die Messe, bis sich flockige Drums dazu gesellen. Wenn Beak> zum Ende hin ihre Klangspuren unter einem dominierenden Dröhnen vermengen, wächst der Song auch auf Godzilla-Größe heran.

Auf dem stoischen "The Seal" dreht eine redundante Bassline am Rad, während sich immer wieder klirrendes Synthie-Wispern in den Song einschleicht. Wer hier genau hinhört, den belohnen Beak> mit perfektionistisch ausgetüftelten Klangkonstrukten, die im Anschluss auf "Windmill Hill" zerbröseln. Zu einer leiernden Gitarre wirkt Barrows Gesang hier so, als stünde er kurz vor dem Ertrinken.

Allein die Passage aus den ersten drei Songs macht deutlich, wie wichtig das Gesamtwerk für die einzelnen Songs ist. Reißt man diese auseinander, verpufft die Wirkung, die sich in dieser großartigen Eröffnung entwickelt. Songs wie "Hungry Are We" geben aber dennoch gute Einzelgänger ab. Barrows beschwört hier mit seinen Vocals den Geist von Pink Floyd hinauf, während filigrane Gitarrennoten durch den Raum schweben.

"Ah Yeh" gibt ohne Scheu zu, bei Cans "Vitamin C" ganz genau hingehört zu haben. Barrows hat hier ähnliche Hummeln im Hintern wie damals Jaki Liebezeit. Diese Rhythmen sind so lebendig und pointiert, dass sie eine hypnotische Wirkung entfalten. Und dann entdeckt man doch noch einen Song, der als Single-Auskopplung herhalten könnte. "Secrets" gräbt sich mit einer wunderbar saftigen Bassline, Industrial-Drums und klirrenden Synthesizern ins Ohr. Wer unbedingt nach einem Anspieltipp für ">>>>" gesucht hat, findet ihn hier.

Vor dem Ende stellen Beak> mit "Cellophane" noch ein psychedelisches Ungeheuer in Kaijū-Hundegröße in den Weg. Das schleppt sich behäbig mit Schlagzeughall durch die Großstadt und reißt schließlich mit Sabbath-Gitarren und Synthie-Notsignalen die Hochhäuser ein.

">>>>" hätte in dieser Form wohl auch 1974 erscheinen können. Dass es nun 50 Jahre später neben den Verneigungen vor den Krautrock-Größen eine Hingabe zum Albumformat aufweist, macht umso mehr Freude. Beak> basteln hier so kompromisslos ihre schrägen Klangwelten zusammen, einfach weil sie Spaß daran haben, und das hört man an jeder Ecke. So gerät ">>>>" zu einem herrlich sonderbaren Liebhaberstück, das wirklich mal in einem Stück gehört werden sollte. Also: Handy weg, Kopfhörer auf!

Trackliste

  1. 1. Strawberry Line
  2. 2. The Seal
  3. 3. Windmill Hill
  4. 4. Denim
  5. 5. Hungry Are We
  6. 6. Ah Yeh
  7. 7. Bloody Miles
  8. 8. Secrets
  9. 9. Cellophane

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