laut.de-Kritik
Qualitätsgeplätscher ohne Ecken und Kanten.
Review von Manuel BergerWisst ihr, was das Schöne an Prog-Bands ist? Die Intros passen meist zum Rest des Albums. Beardfish fächern ihr "Intro" gar in drei Teile auf und integrieren es als eine Art roten Faden in die Tracklist. "The One Inside Part One – Noise In The Background", "The One Inside Part Two – My Companion Through Life" beziehungsweise "The One Inside Part Three – Relief", so nennt sich das dann.
Wisst ihr, was das Nervige an Prog-Bands ist? Die komplizierten Album- und Songtitel. Naja, meistens spiegelt sich das zumindest in der Musik. Wen also schon die Aufzählung der Namen der Quasi-Interludes anödet, kann sich das Reinhören in "+4626-COMFORTZONE" getrost sparen. Die Komfortzone der Bartfische prägen bekanntlich überlange, vertrackt ausgefeilte Musikepen.
Sofern man die Experimentierfreude der Schweden überhaupt als Komfortzone bezeichnen kann, verlassen sie diese natürlich auch auf ihrem achten Studiowerk nicht. Komplexe Arrangements wohin man hört, Stilwechsel, Soli, Rhythmusspielereien: ganz im Sinne der Vorbilder aus den Siebzigern, eben.
"+4626-COMFORTZONE" ist tanzbar, weist deutlichen Jazz-Einfluss auf und deckt von der harmoniegeschmückten Ballade bis zum fetzigen Rocker alles ab. Oft innerhalb einer Nummer. "Comfort Zone" zum Beispiel beginnt mit wunderbaren Gitarrenmelodien, dann setzt Candlelight-Klavier ein. Im zweiten Drittel des beinahe zehnminütigen Stücks entwickeln Beardfish langsam den Groove. Nach kurzem, knackigem Vokalduell folgt in Purple-Manier einem einsetzenden Gitarrensolo die Orgel. Kurze Pianorückführung, um den Kreis zu schließen, und fertig ist ein kurzweiliges Progschmankerl.
Leider hat man das Gefühl, nach diesem etwas weihnachtlich klingenden Paradetrack sei schon alles gesagt. Klar, schöne Momente finden sich immer wieder, besonders in punkto Soli und Bassarbeit (das offensichtlich geile "Daughter / Whore"-Riff stellt dabei nur die Spitze des Eisbergs dar). Die Kompositionen sind allesamt hochklassig, bieten tolle Harmonien und Rhythmen. Doch es fehlen die herausstechenden Höhepunkte, das Außergewöhnliche. Irgendwann ertappt man sich dabei, dass die letzte halbe Stunde zwar nett anzuhören war, hängengeblieben ist aber nichts.
Prototypisch dafür steht ausgerechnet das viertelstündige "If We Must Be Apart (A Love Story Continued)". Lange Zeit plätschert es einfach gemütlich vor sich hin. Hier ein Groove, da eine Melodie, aber nichts zum Festhalten. Dazu kommt, dass alles fast zu homogen ineinander fließt. Wo sind die Ecken? Wo sind die Kanten? Wo sind die Überraschungen? Das dürften so ziemlich die schlimmsten Fragen sein, die man einem Prog-Rocker stellen kann. Erst nach über sieben Minuten nimmt der Track Fahrt auf. Kurz rappelts im Karton, bevor das Ende erneut in Durchzug versinkt.
"Ode To The Rock'n'Roller" bedient sich allerhand Standard-Licks und -Patterns, scheut kein Zitat und wird seiner vom Titel auferlegten Mission gerecht. Für mehr als eine Hommage an Großtaten der Idole des Prog- bis Stadionrock reicht das nicht. Es unterhält zwar trotzdem, essenziell ist aber etwas ganz anderes.
Zweifellos erhält man mit "+4626-COMFORTZONE" ein hochwertiges Album, an dem rein qualitativ nichts auszusetzen ist. Sicherlich bekommt es auch einige Durchläufe im Plattendreher spendiert und beinhaltet mit "Comfort Zone" einen wunderschönes Kernstück. Bloß: Brauchen tut man es eigentlich nicht. Da finden sich im Laufe des noch jungen Jahres bestimmt interessantere Scheiben. Beardfish liefern leider nur Gefälliges für die Wartezeit.
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