laut.de-Kritik
Selbst auf ihren B-Seiten verstecken die Schotten Hits.
Review von Michael SchuhAuf den ersten Blick sollten drei Jahre eigentlich genug Zeit sein für eine Band wie Belle And Sebastian, um mit neuem Material rüber zu kommen. Dass "The Third Eye Centre" nun doch nur eine Art Raritätensammlung der Jahre 2003-2010 darstellt, dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass die Bandmitglieder auch nach Ende der Welttournee zu "Write About Love" 2011 genug zu tun hatten.
Sänger Stuart Murdoch lungert nach wie vor am Set seines auch schon vier Jahre in der Vorbereitung steckenden Pop-Musicals "God Help The Girl" herum, Gitarrist Stevie Jackson veröffentlichte ein Soloalbum namens "(I Can't Get No) Stevie Jackson" und Drummer Richard Colburn tourte mit Snow Patrol und komponierte für Tired Pony. Bis zum neuen Studiowerk, für das die Band zumindest schon Songs schreibt, bleibt also nur der Blick zurück.
Da Murdoch und Co. den eigenen Idolen der Smiths aber nicht nur eine werktreue Cover-Ästhetik abguckten, sondern auch die Wertschätzung für originelle Single-B-Seiten, bekommt man mit "The Third Eye Centre" - analog zur Single-Sammlung "Push Barman To Open Old Wounds" von 2005 - kein liebloses Instant-Menü serviert.
Inmitten der dazugehörigen Studioalben "Dear Catastrophe Waitress" (2003), "The Life Pursuit" (2006) und "Write About Love" (2010) entfernten sich Belle And Sebastian von der zartfühlenden Melancholie mit Schlagzeug-Besen-Flavour und kreierten einen zunehmend vollen Bandsound, der gerade rhythmisch vielseitiger ausfiel.
Diese Transformation spiegelt sich auch in den vorliegenden B-Seiten und Outtakes wieder. Der Avalanches-Remix von "I'm A Cuckoo" mit Percussions, Flöten und Chorgesang erinnert an die frühen Alben der Band, und das vergleichsweise neue Synthie-Pop-Stück "Suicide Love" schaffte es nicht auf "Write About Love", wäre bei zehn anderen Bands aber eine glasklare Single gewesen.
Dass der schöpferische Prozess immer auch Mediokres abwirft, Bruchstückhaftes, merkt man dem Album nur an wenigen Stellen an. Im Vordergrund stehen Preziosen wie das an frühe 70er Jahre-Folk-Aufnahmen erinnernde "Your Secrets", das frühe Akustikgitarrenjuwel "Stop, Look, And Listen".
Vieles, was die Band ausmacht, ist auch auf ihren B-Seiten zu finden: Boy-Girl-Gesang ("Love On The March"), Bläsersätze ("Heaven In The Afternoon"), Rockgitarren ("Last Trip"), Jazz-Variationen ("Long Black Scarf") und immer wieder diese hymnischen Refrains. Die Dance-Remixes von "I Didn't See It Coming (Richard X Mix)" oder "Your Cover's Blown (Miaoux Miaoux Remix)" hätte ich jetzt nicht gebraucht. Aber selbst sie gestatten einen neuen Blick auf das überwiegend großartige Ausgangsmaterial der Schotten.
3 Kommentare
Also ich fand's für 'ne B-Seiten/Raritäten-Sammlung überraschend stark. Ist zwar schon ein Weilchen her, dass ich's gehört habe, aber ich war doch ziemlich angetan.
Hast du Anspieltipps für mich?
Extra für dich hab' ich nochmal reingehört, und wenn du dich auf mich musikalisch Ahnungslosen verlassen willst, würd' ich dir "Blue Eyes Of A Millionaire", "The Life Pursuit" oder "I Took A Long Hard Look" empfehlen.
(Aber keine Gewähr! Ich bin in der Top Ten-Liste der unbeschlagensten laut.de-Nutzer irgendwo auf den vorderen Rängen zu finden.)