laut.de-Kritik

Ben Folds ist nicht ganz normal. Gott sei Dank!

Review von

Ein komplettes, seriös in schwarz gekleidetes Orchester empfängt dich auf dieser DVD. Nur einer passt nicht ins Bild: Davor, am Flügel, sitzt ein Austin Powers-Double im Karo-Flanellhemd, das sich dringend mal eine neue Brille besorgen sollte. Genau: Ben Folds ist nicht ganz normal. Gott sei Dank, denn sonst wären es seine Musik und seine Ideen am Ende auch noch.

Nun, Ideen hatte er für diese DVD leider nicht viele. Grundsätzlich ist ein Konzert von Ben Folds mit Unterstützung des West Australian Symphony Orchestra (WASO) im Botanischen Garten von Perth anzuschauen natürlich eine sehr hübsche Sache. Nur leider fehlt auf dieser DVD das, was sie eben von altbackenen Formaten wie der guten VHS unterscheidet.

Zusatzinformationen oder -unterhaltung, also irgend etwas, das dem Fan einen tieferen Einblick gewährt. Ben Folds ist ein Mensch, den man im Englischen "talkative" nennen würde. Zwischen den Songs erzählt er lustige Anekdoten und wirkt auch sonst sehr umgänglich. Auch scheut er sich in seinen Videos nicht, seine Familie auftauchen zu lassen. Da hätte man doch die Proben mitschneiden und einige lustige Anekdötchen als Extras auf die DVD packen können. Wenigstens seine Videos hätte man aber mitliefern dürfen. Doch nichts. Ich konnte keine Extras oder Specials finden.

Außer diesem doch recht großen Faux Pas ist an der DVD allerdings nichts auszusetzen. Technisch hat sie eindeutig das Prädikat brillant verdient. Sowohl Ton als auch Bild (und ich meine Bild, inklusive Ausleuchtung, Bildauswahl, Schnitte und Blenden) sind unschlagbar gut. Auch die Umsetzung der Greatest Hits-Parade an Folds-Songs gelingt meist vortrefflich. Zu Beginn verschwindet zwar das Folds'sche Klavier teils hinter dem Pomp des Orchesters, doch das pendelt sich mit der Zeit ein ... spätestens, wenn Ben den Flügel mit Fäusten und dem ganzen Arm malträtiert.

Natürlich steuert das WASO nicht nur laute Töne bei. "Annie Waits" mutiert in der hier dargebotenen Fassung zu einem panischen Opern-Song, "Lullabye" veredeln ein Solo-Sax und Folds' Klavierspiel zu einer Jazz-Nummer und bei "Narcolepsy" taucht gar der Tenor Stuart Haycock als Sänger auf. Wem's gefällt ...

Wer den Großmeister des Piano bereits live gesehen hat, der kennt eine etwas andere Show, als Ben Folds sie hier präsentiert. Seine Konzerte sind stets Events, doch hier verhält er sich anders. Man merkt ihm den Respekt vor den Profimusikern an. Erst bei "Not The Same", als das Orchester einen Song aussetzt und Ben wie immer das Publikum mitsingen lässt (und den kompletten Park in seiner Hand hält), da merkt man ihm an, wie er richtig locker wird.

Apropos Profimusiker: Als sich das Publikum in der Zugabe "Rock This Bitch" wünscht, improvisiert Folds etwas, streut in seine Freestyle-Lyrics zunächst ein, dass das Orchester diesen Song leider nicht spielen könne, schafft es dann aber doch. Er gibt ihnen in den Songzeilen einfach den Akkord an, auf dem die nächste Passage beruht und das Orchester improvisiert darüber. Auch von Ben gewünschte Soli gehen problemlos über die Bühne. Zum Schluss noch das anrührende "The Luckiest" mit Gänsehaut-Feeling. Noch einmal bedankt sich Ben Folds ausgiebig bei Orchester, den Arrangeuren und dem Dirigenten, bevor er endgültig die Bühne verlässt.

Trackliste

  1. 1. Zak And Sara
  2. 2. Smoke
  3. 3. Fred Jones Part 2
  4. 4. Steven's Last Night In Town
  5. 5. Boxing
  6. 6. Annie Waits
  7. 7. Brick
  8. 8. Evaporated
  9. 9. Not The Same
  10. 10. The Ascent Of Stan
  11. 11. Lullabye
  12. 12. Narcolepsy
  13. 13. Rock This Bitch
  14. 14. The Luckiest

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