laut.de-Kritik
Verzerrte Gitarren und drastische Texte passen zum Outfit.
Review von Alexander CordasAnno 2006 ist es anscheinend wieder Zeit, die eleganten Klamotten im Schrank zu lassen, sich (siehe Cover) einen Ledermini sowie Spitzen-BH (ich meine hier die Näh-Applikation auf der Körbchen-Oberseite und nicht den Inhalt, ihr Doofis!) überzuziehen und die Gitarren wieder lauter aufzudrehen.
Dabei gerät der Einstieg mit "Abandonment" erst einmal verhalten. Pianogeklimper sowie eine akustisch gezupfte Gitarre leiten den Song ein, ehe die komplette Band - nach wie vor eher im gebremsten Tempo - mit einsteigt. Nicht unbedingt härter, aber um so heftiger greift Bif dann ins Geschehen ein und steigert sich zum Refrain hin in emotionale Gefilde hinein, dass der Herr, der da sein Fett weg bekommt, beim Hören wohl beschämt in der Ecke steht. Einzig die etwas cheesigen Keyboard-Schnipsel stören den guten ersten Eindruck.
Bei aller Tendenz zum harten Rock vernachlässigt Frau Nackedei ihren Hang zum Pop keineswegs, auch wenn sie ihre Songs jetzt vermehrt in ein Kostüm aus verzerrten Gitarren, Hooks und Melodiebögen kleidet. Textlich teilt sie - wie es sich für eine selbstbewusste Dame im Musikzirkus gehört - stramm aus, hat aber ebenfalls keine Probleme, ihrem Angebeteten zu sagen, dass er es ihr jetzt bitteschön anständig besorgen soll ("Funeral Of A Good Girl"); Gestöhne im Background inbegriffen.
Bif überrascht aber auch gelegentlich. Spielt sich der Großteil der Songs in straighten Song-Schemata ab, stechen doch zwei Tracks besonders hervor. Auf der einen Seite "Henry", das zwar ziemlich lahm aus den Puschen kommt, sich aber zum Ende hin dank klasse intonierter Gospel-Chöre zu einem wahren Kleinod der Trackliste entwickelt.
Den absoluten Höhepunkt markiert jedoch "Ladybug Waltz", das tatsächlich im Walzertakt dahin schunkelt. Die Stimmung kommt jedoch nicht ausgelassen daher. Düster und bedrohlich gibt sie ihren Text zum Besten, der davon handelt, wie sie als kleiner Käfer einem Mann über den Körper krabbelt, der eigentlich nix von ihr wissen möchte. Strange Geschichte das.
Bif Naked versucht sich nun also erneut in Europa und hat dabei ein grundsolides Album mit einigen Leckerli im Gepäck. "Superbeautifulmonster" kommt zwar nicht ganz an die songschreiberische Klasse von "Purge" heran, macht aber trotzdem Laune.
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