laut.de-Kritik
Der Südstaaten-Rapper steckt in der Mixtape-Ära fest.
Review von Yannik GölzBig K.R.I.T. war schon immer ein Könner. Einer, der sich ambitionierte Konzepte auferlegt, und sie auch kompetent abhandelt. Der Country Cousin, der Lyriker aus den Südstaaten, der André 3000s Kredo, dass der Süden etwas zu sagen hat, auch in ferner Zukunft noch aufrecht erhält. Album für Album, Mixtape für Mixtape hat sich K.R.I.T. dementsprechend Ruf und und Reputation aufgebaut, durfte sich in einer Kategorie mit J. Cole oder Lupe Fiasco wähnen. Und während er 2018 mit "4Eva Is A Mighty Long Time" seinen bisher besten Versuch vorlegte, ein Album zu produzieren, das die Zeit überdauern könnte, kehrt er mit "K.R.I.T. Is Here" zu den fundamentalen Schwächen zurück, die ihn bis heute davon abhalten, auf dem Level mit den Kendricks und Coles zu stehen.
"K.R.I.T Is Here" fehlt es recht deutlich an Sound. Über die 19 Tracks versucht sich K.R.I.T. an so wirklich allem, was man 2019 auf ein Rapalbum werfen könnte. Von systemkritischem Jazz-Rap über Strange Music-inspirierte Technik-Massaker und an Outkast angelehnten, alternativen Hip Hop bis hin zu Kofferraum erschütterndem Trap.
Das fängt mit den triumphal eklektischen Hymnen an, die immer wieder Energie von K.R.I.T. als gemachten Mann untermalen sollen. Der Lohn des Erfolgs. "K.R.I.T. Here", "I Been Waiting" oder "Energy" legen die 2000er-typischen Synth-Blechbläser auf etwas modernisierte Trap-Percussions und geben dem Protagonisten Raum, mit Fanfaren und Nachdruck Flows auszuspielen. Klingt gut, erfindet aber bei Leibe das Rad nicht neu.
Storyteller wie "Family Matters" oder "Prove It" werden mit überzeugendem Pathos vorgetragen, fühlen sich in der Ausführung unfokussiert an. Besonders "Prove It" besticht mit starken Verses, schafft es aber nicht, die Aussagen von Cole und K.R.I.T. wirklich in Einklang zu bringen. Noch holpriger wird es, wenn er versucht, sich dem Mainstream zu nähern. "Addiction" und "Obvious" sind Sex-Jams aus der 2011er-Pop-Rap-Ära, passend ergänzt mit einem mittelmäßigen Lil Wayne-Verse oder einer Rico Love-Hook, die Drake und Trey Songz selbst zu "Room For Improvement"-Zeiten zu schmalzig gewesen wäre.
Erst in den Deep Cuts zeigt K.R.I.T. voll und ganz, was er kann. Mit "Learned From Texas" gibt es eine bestechend psychedelische DJ Screw-Hommage, "Life In The Sun" schafft mit eigentümlichem Jazz-Drumloops und warmem Klavier einen der angenehmsten, eingängigsten Momente der Platte. Musik für eine lange Wanderung. "Blue Flame Ballet" ist eine Stripper-Hymne, die klar versucht, die Weirdness der "Stankonia"-Ära zurückzubringen. Die Hook und die verschrobenen Synthesizer mögen polarisieren, aber allein das Vorhandensein eines so abgefahrenen Tracks kann man nur positiv vermerken.
Vielseitigkeit mag zuletzt eine Tugend sein, und hört man diese Platte Track für Track beeindruckt es, wie schwerelos K.R.I.T. sich in jeden einzelnen Sound einfügt. Aber nach den 19 Tracks wünscht man sich doch, eine etwas kohärentere Vorstellung davon zu haben, was dieses Album eigentlich ausmacht. Man kommt nicht ganz umhin, dass sich K.R.I.T.s Vorstellung von modernem Sound seit 2010 nur bedingt weiterentwickelt hat und sich die Versuche der Aktualisierung deshalb seltsam verjährt anfühlen.
Zuletzt ist K.R.I.T. ein Könner mit wenig Profil. Er wirkt wie eine ehrliche Haut, er wirkt wie ein Mann mit aufrichtiger Liebe zur Rapmusik, aber sein Ansatz zum Songwriting steckt noch fest in der Mixtape-Ära. Statt Kohärenz und Vision erwartet den Hörer ein Album ohne wirklichen Fokus, auf dem aber ein handwerklich überaus versierter Rapper verschiedene Stilideen mit Geschmack und Treffsicherheit ausprobiert. Es ist ein solides Projekt, aber wohl keines, über das man in einem Jahr noch sehr viel reden wird.
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