laut.de-Kritik
Ein Bein raus aus der Horrorpunk-Nische.
Review von Stefan RichterVor nicht ganz drei Monaten gab Blitzkid-Gründungsmitglied TB Monstrosity seinen endgültigen Ausstieg bekannt. Wer nun denkt, auf "Apparitional" zelebriere die Band den akustischen Abschied von und vor allem mit TB, liegt falsch. Das jüngste Werk der 1997 gegründeten Horrorpunk-Truppe sang bereits komplett Argyle Goolsby ein.
Für Nichtkenner der Band klingt das nach dem Gruseligsten, das die Combo je veranstaltet hat. Andere hingegen wissen, dass sich diese beiden Herren seit eh und je die Gesangsparts teilen. Doch das ist nun vorbei, der Liebhaber des verspinnwebten Genres kann sich auf etwas gefasst machen. Denn "Apparitional" rockt einfach. Dieser Satz summiert simpel und präzise die Eindrücke, die diese Platte hervorruft.
Was den Stil angeht: Bei manch einem Songanfang wartet man förmlich auf den Einsatz von Greg Graffins Stimme. Natürlich vergeblich, dennoch hört man deutlich die Bad Religion-Inspiration heraus. Ließe man diese Feststellung alleine stehen, sie führte in die Irre. Trotz eines erheblichen 90er-Jahre-Punkrock-Einschlags ist die hier zu findende Mischung recht einzigartig. Es scheint, als würde mit Album Nummer sechs das morgendliche Vogelgezwitscher die düstere Nacht ganz langsam ablösen.
Diese Band entwickelt ihre Musik nicht nur weiter, sondern bewegt auch ein Bein raus aus der engen Horrorpunk-Nische, ohne den Fans dabei auf die Füße zu treten. Die Klischeethemen, die natürlich unentbehrlich für eine Horrorpunkcombo sind, geraten diesmal ein wenig in den Hintergrund.
Sich in einer recht festgefahrenen Szene von alteingesessenen Größen abzuheben, das schafft kaum eine Band. Blitzkid jedoch verlassen sich auf ihr durchdachtes, aber eingängiges Songwriting - was man gerade bei einem Track wie "The Bat Whispers" in die Ohrmuschel geblasen bekommt - und ziehen damit eine Grenze zwischen sich und den vielen Misfits-Klonen. So klingt die Band nach nur sechs Studioalben bei dreizehn Jahren Bandgeschichte und endlosen Touren punkiger und zugleich erwachsener denn je.
Es gibt viel zu entdecken. Fast jeder Song beschert einem ein Das-erinnert-mich-jetzt-aber-an ...-Erlebnis. Vielleicht ist es genau das, was einen an diesem Silberling kettet. Nicht falsch verstehen: Hier wird nicht kopiert, man hört lediglich die Freude der Songwriter an ihrer Musik und deren Ursprung.
Vielleicht ist einigen Anhängern TBs Ausstieg und der experimentierfreudige Stil dieses Albums zu viel des Guten. Aber wer so offen für Neues ist wie Blitzkid selbst, wird auf "Apparitional" das ein oder andere positive Wunder erleben und mal wieder den Repeat-Button entstauben müssen.
4 Kommentare
Das Cover...ähm...Artwork ist aber wirklich Horror. Insofern bleibt man sich offensichtlich treu.
Schade, dass der Dicke nicht mehr dabei ist. Fand seine Stimme immer besser als die vom Basser.
Find seine Stimme auch etwas dünn. Und der Sound könnte eine Ecke dreckiger kommen. Schade!
Harten dreckigen Horror-Punk will ich von den Jungs höhren und nicht eine Scheibe wo man im ersten Moment an seine Kindheits Punk-Rock-Stars ala Bad Religion denken muss.