laut.de-Kritik

Die Körperfresser haben Blur ausgetauscht!

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Seltsamerweise nehmen wir Bands nach einer Umbesetzung ganz unterschiedlich wahr. Wie viele andere trafen die nur von Axl Rose geleiteten Guns N' Roses nie auf Akzeptanz. Währenddessen wechselte Robert Smith die Besetzung von The Cure über Jahrzehnte im Minutentakt, und niemanden schien es zu stören. Zu welcher der beiden Gruppen werden in Zukunft wohl Bloc Party zählen? Die Antwort auf diese Frage hängt zu einem nicht unerheblichen Teil von den elf Songs auf "Hymns" ab.

Schlagzeuger Matt Tong und Bassist Gordon Moakes gehören der Vergangenheit an. An ihre Stelle treten Louise Bartle und Justin Harris. Einen spürbaren Anteil am fünften Bloc Party-Album haben sie nicht. Das gehört Russell Lissack und noch mehr Kele Okereke und seinem Hang zur Elektronik.

Der marktschreierische Gangnam Style-Vorabtrack "The Love Within" bleibt zum Glück eine Ausnahme. "Hymns" hält sich über weite Strecken bedeckt. In dieser zurückgezogenen Atmosphäre finden so unterschiedliche Stücke wie der ganz in Keles Händen liegende Elektro-Soul von "Fortress" und der eher klassische Bloc Party-Track "Different Drugs" zusammen.

In verstörenden Momenten wirkt "Hymns" wie ein weiteres Damon Albarn-Projekt. Auf der Suche nach einer neuen Identität verlieren sich Bloc Party in "So Real" und besonders deutlich im Refrain von "The Good News" in einer fremden. Die Körperfresser sind da und haben Blur ausgetauscht. Wirklich schöne, aber in ihren Händen seltsam fehlplatziert wirkende Songs.

Die sich langsam aufbauende Beschwörung "Only He Can Heal Me", über deren Titel-Mantra sich Keles gehetzte Stimme erhebt, gehört zu den gelungensten Stücken. Dagegen wirkt das rumpelnde "Into The Earth" für seinen morbiden Doherty-Refrain zu steril. "Into the earth our bodies will go / you gotta keep me good looking." Das abschließende "Living Lux", ein weiterer wabernder Synthie-Track, kommt und geht, ohne dass viel geschieht.

Auch abgesehen von Umbesetzungen machten es Bloc Party ihren Fans nie leicht. Sie befanden sich immer in einer Weiterentwicklung, wiederholten sich zum ersten Mal auf "Four". Mit "Hymns" veröffentlichen sie nun ihr erstes aus der Deckung heraus aufgenommenes Album: dank seiner unnahbaren Atmosphäre ein weiterer Wendepunkt in der Diskografie der Band. Ihr Talent für Melodien überdeckt dabei manche Unsicherheit. Ein in seiner Verletzlichkeit charmanter, aber auch etwas eintöniger Longplayer. Die zu Beginn gestellte Frage bleibt vorerst offen.

Trackliste

  1. 1. The Love Within
  2. 2. Only He Can Heal Me
  3. 3. So Real
  4. 4. The Good News
  5. 5. Fortress
  6. 6. Different Drugs
  7. 7. Into The Earth
  8. 8. My True Name
  9. 9. Virtue
  10. 10. Exes
  11. 11. Living Lux

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4 Kommentare

  • Vor 8 Jahren

    Justin Harris und Louise Bartle können auch keinen großen Anteil haben, da ersterer erst spät zugestoßen ist, und zweite erst nach Abschluss der Aufnahmen. Die Songs wurden mit einem nicht weiter genannten Sessiondrummer eingespielt.

    Leider wirken die Lieder zum Teil etwas Fad, Live gewinnt vor allem The Love Within an Dringlichkeit. Die Produktion hätte etwas mehr Wucht haben können. Insgesamt aber ein schönes Album - bin vor allem auf den nächsten Longplayer gespannt - in Vollbesetzung.

  • Vor 8 Jahren

    Die Band ist nur noch ein Schatten ihrer selbst

  • Vor 8 Jahren

    Die ersten beiden Alben sind immer noch die besten #früherwarallesbesser. Dieses hier hab ich nach der Hälfte weggeskippt.

  • Vor 8 Jahren

    Wie ein so auf emotionales Gewicht getrimmtes Album insgesamt so blutleer ausfallen kann, ist mir schleierhaft. The Love Within ist vielleicht noch der einzige Song, der etwas aus der Beliebigkeit heraustritt, ansonsten ein eher vergessenswertes Album. Schade, waren mal Meister darin, Stimmungen nach Belieben hervorzurufen und selbst textlich etwas spärliche Songs ungemein charmant darzubieten.