laut.de-Kritik
Metal mit Bärten und vielen originellen Ideen.
Review von Olaf SchmidtPa, Pa, Paderborn, da hab ich mein Herz verlor'n. Stimmt zwar nicht, aber das kommt mir als erstes in den Kopf, wenn ich den Namen dieser Stadt höre. Was sonst noch? Mal schauen: Zuerst diese Billigplörre, die es früher immer im Hauptbahnhof im Sonderangebot gab. Katholizismus natürlich. Eugen Drewermann. Im Anschluss direkt Vicky Vomits unsterblicher Klassiker "Eugen Drewermanns Pullover", aber das ist ein anderes Thema. Zu guter Letzt schließlich Bloodwork.
Bisschen Filmmusik am Anfang, danach wilde Blastbeats, darauf klassischer Meldodic Death, dann ein Rhythmuswechsel. So beginnt das dritte Album von Bloodwork, das auf den interpretierbaren Titel "Zero" hört. Geht also schon mal ganz ordentlich los und zeigt, wie viel Abwechslung im Folgenden geboten wird. Es gibt kaum einen metallischen Stil, den die Platte nicht wenigstens mal streift. Hauptsächlich bewegen wir zwischen den Koordinaten Melodic Death Metal, Metalcore und etwas Thrash, aber es sind auch ein paar Sprenkel Power Metal mit drin.
Die Paderborner erfinden das Rad nicht neu. Sie machen ihre Sache aber sehr gut und müssen sich vor internationaler Konkurrenz keineswegs verstecken. Der neue Shouter/Grunzer Michael drückt die Band mehr in Richtung Death Metal als sein Vorgänger. Ich kenne die ersten beiden Alben nur auszugsweise, aber mir gefällt der neue Frontmann besser. Als kleinen Schwachpunkt empfinde ich hingegen weiterhin den Klargesang von Gitarrist und Songschreiber Nikko. Der kommt doch etwas sehr flach daher. Auf der anderen Seite sorgt er aber für die Melodien, den Kompromiss geh ich gerne ein.
"Roaming The Void" beispielsweise hat einen echt griffigen Refrain und präsentiert sich als Highlight. Auch vorne mit dabei: "The First Stone", eine der härteren Nummern - und für die Ostwestfalen verhältnismäßig geradlinig. Der Refrain von "My Order Of One" gemahnt mit seiner Melodie an die leider verblichenen Nevermore und bringt ein paar ungewöhnliche Maschinenbeats mit. Diese kleinen originellen Einfälle machen Bloodworks Album so hörenswert, auch der Vocoder-Einsatz in "Conundrum" zählt dazu.
Als stilistisches Unikum im Vergleich zum Rest kommt der Titeltrack "Zero" daher. Der Anfang könnte genau so auf einer Symphony X-Scheibe zu finden sein. Zufall oder nicht, das Instrumentalstück steht genau in der Mitte und teilt das Album in zwei Hälften. In der zweiten finden sich Songs wie "Shattered", die einerseits die thrashige Seite der Band hervorheben und andererseits zeigen, dass sie Soilwork mögen. Den vertrackten Rhythmus am Anfang von "Time And Again" konnte ich auch nach wiederholtem Hören nicht entschlüsseln. Respekt dafür!
So lange solche Scheiben wie "Zero" oder auch das Debüt der Old-School-Deather von Deserted Fear letztes Jahr erscheinen, muss man sich um den deutschen Metal-Nachwuchs keine Sorgen machen. Jetzt muss mir nur noch einer erklären, ob es in Paderborn die gesetzliche Bartpflicht für Männer gibt. Wenn man sich Bloodwork so anschaut, könnte man auf die Idee kommen.
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