laut.de-Kritik
Bei dieser Platte ist die eigene Gemütslage entscheidend.
Review von Manuel BergerEs gibt Alben, die sind für Vinyl wie geschaffen. Blue Thymes "Through The Night" ist eines davon. Das Schallplattenknistern gibts dank herrlich oldschooliger Produktion aber auch in der MP3-Version obendrauf.
Mit Schlafzimmerstimme, verträumten Bläsern und schwärmerischer Orgel läutet der Titeltrack eine Zeitreise ein: amerikanische Baratmosphäre in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein. Mit "Solitary Crime" oder den in "Dreamlover" vor sich hinsprudelnden Klavierpatterns kommt man dann endgültig im nostalgiegetränkten Nachtleben an.
Untermalt werden die souligen, von frühem Jazz geprägten Kompositionen Julie Karmarks von experimentellen Hip Hop-Beats. Die stammen vom Berliner Sampler Das Nichts und verleihen den in Erinnerung schwelgenden Tracks zudem einen modernen Touch. Nicht zu aufdringlich, sondern stets dem Mood des jeweiligen Stücks angepasst, aber auch so präsent, dass er doch einen wesentlichen Bestandteil des Sounds ausmacht.
Meist wiegen sich Blue Thyme in gemächlichem Tempo voran. Hin und wieder gibts natürlich Ausnahmen. So zum Beispiel "Adventurous Girl", das mit leicht folkig angehauchter Gitarre und einem im Mittelteil verhältnismäßig dichtem Arrangement daherkommt, während der Großteil des Albums ansonsten eher luftig, offen instrumentiert bleibt.
Immer wieder taucht auch eine Querflöte im Mix auf, die Stücken wie dem an Nancy Sinatra erinnernden "The Hunt" den letzten Schliff verleihen. "Through The Night" pendelt stetig zwischen charmanter Melancholie und Kerzenscheinromantik. Lichtstrahlen wie "You Won" lockern zwischendurch auf.
Im Grunde ist Blue Thymes Erstling ein typisches 'klein aber fein'-Album. Eine Platte für Liebhaber und Nostalgiker. Keine großen Gesten, ein paar Experimente, viel Gefühl. Wie man "Through The Night" rezipiert hängt wohl vor allem von der aktuellen Gemütslage ab. Schön, dass es solche Musik noch gibt.
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