laut.de-Kritik
Es bleibt uns das Ansingen gegen den Schmerz.
Review von Markus BrandstetterWir verlieren Zeit, wir verlieren Schlaf, wir steuern aufs Ende zu. Spaß ist das alles keiner. Mit "Patch The Sky" hat Hüsker-Dü-Frontman Bob Mould laut eigenen Angaben sein grimmigstes Album erschaffen. "Patch The Sky" reiht sich als dritter Teil in den Dreierzyklus "Silver Age" (2012) und "Beauty & Ruin" (2014) ein – und ist trotz all dem Doom, Gloom und Verderben vor allem eins: wirklich unfassbar eingängig.
Denn auch wenn "Patch The Sky" tief im Existenziellen wühlt und dabei nicht mit Beklemmung spart: Der Longplayer zündet von Anfang an und ist in all seiner Düsternis dennoch erbauender Hörgenuss. "Voices In My Head" ist da gleich ein erster Volltreffer ohne jegliche Umschweife: straighter, hymnenhafter Gitarrenrock der in knappen vier Minuten auf den Punkt kommt. Im Trio mit Jason Narducy am Bass und Schlagzeuger Jon Wurster zeigt der Post-Punk-Titan Mould auf, wie man am besten in den Untergang schlittert: im Power-Trio mit grandiosen Refrains, angezerrten Chords und gänzlicher Bullshit-Freiheit. Keine Floskeln, keine Umschweife, keine Plattitüden.
"The End Of Everything" setzt schneller - da an, wo der Opener aufgehört hat. "It's the end of things, the end of everything" singt Mould. Er strotzt nur so vor Energie, schüttelt das alles ganz locker aus dem Ärmel.
Es gilt, viel Wut, Ärger und Trauer abzuarbeiten. "Hold on to me" singt Mould im mollgetränkten "Hold On". "Pray for Rain" arbeitet sich fundamental an der Depression ab. "We could use a storm or two every day", heißt es da, und wieder sind wir irgendwie, dem Thema recht diametral, erbaut.
Im Laufe der Platte wird er finsterer, bei "Lucifer and God" gar biblisch. Die Marschrichtung bleibt über die ganze Strecke: Tiefes Graben dort, wo's wenig Licht am Ende gibt – das aber mit jeder Menge Stoizismus und Kraft. Das sollte keineswegs mit Optimismus verwechselt werden. Das Leben und der Schmerz arbeiten gegen uns, es regnet schwarze Konfetti ("Black Confetti"). Wer jetzt mit dem Wort Katharsis daherkommt, vergisst, dass man gewisse Sachen gar nicht aus seinem System bekommen kann, unter keinen Umständen. Es bleibt uns aber immer noch das dagegen Ansingen.
"Patch The Sky" ist vom ersten bis zum letzten Ton ein grandioses Album, eine Geisteraustreibung, ein Ansingen gegen das Unvermeidliche. Wohlwissend, dass das Licht am Ende des Tunnels nicht mehr werden wird. Das stoische Dranbleiben: Es soll uns Trost und Erbauung genug sein.
2 Kommentare
Gutes Albung, aber viel zu durchwachsen für die volle Punktzahl. Knapp 4/5.
habs jetzt mehrmals durch und bin letzten endes doch ein wenig enttäuscht.da fehlen einfach die übersongs, die auf den vorgängeralben massenhaft vorhanden waren. leider nur 3/5.