laut.de-Kritik
Trinken mit Johnny Cash und anderen Country-Geistern.
Review von Michael EdeleNicht, dass ich auf dem Gebiet der große Profi wäre, aber einen Kerl wie Bob Wayne kann man wohl getrost in die Outlaw Country-Ecke zu Musikern wie David Allan Coe, Willie Nelson, Waylon Jennings und natürlich auch Johnny Cash stellen. In den USA ist der Kerl mit Lederweste, Bandana, Sonnenbrille und ausgelatschten Cowboystiefeln schon lange bekannt. Hier dürfte der Mann noch weitgehend ein Insider-Dasein fristen.
Ob sich das mit "Outlaw Carnie" ändert, sei mal dahin gestellt. Immerhin ist Country nicht gerade eine in Europa sonderlich geschätzte Musikrichtung, aber sei's drum. Die Songs auf der Scheibe haben weitgehend schon einige Jahre auf dem Buckel, da sie auf den drei in Eigenregie vertriebenen Alben von Bob Wayne bereits in leicht abgeänderter Form zu hören waren. Weil die aber eh kein Schwein kennen wird, ist das wohl egal.
Dass Bob und seine Band über mindestens so viel Energie wie Humor verfügen, ist bereits nach dem Opener "Road Bound" klar. Vor allem die humorvollen, meist ironischen oder sarkastischen Texte machen in Verbindung mit der musikalischen Untermalung besonders viel Spaß. Gerade "Mack" ist da großes Kino und wer kann schon von sich behaupten, in "Ghost Town" von Johnny Cashs Geist gerettet zu werden? An sich typische Country-Lyrik, aber mit dem gewissen Twist.
Das setzt sich in dem schön schmusig-schmalzigen "Love Songs Suck" fort. Hier trifft Steelguitar auf erhöhten Schwof-Faktor. Aber Love Songs suck, also geht's eigentlich nur um die nächste Möglichkeit, was weg zu grätschen. Und wenn man sich die Hillbilly Bluegrass-Nummer "Everything's Legal In Alabama" so anhört, sollte man in dem Bundesstaat scheinbar doch mal 'nen Urlaub buchen... oder auch nicht.
Kaum zu glauben, dass der Mann auch mal ernst sein kann und seine eigene Geschichte in "Blood To Dust" erzählt. Egal ob nun wahr oder erfunden - die melancholische Stimmung hat Charme. Und wenn im abschließenden, sehr reduzierten "2012" wieder die Ironie durchbricht, hab ich eh schon den Cowboyhut auf und den ersten Jacky hinter der Binde.
2 Kommentare
Auf Willie Nelson Niveau ist der Mann zwar (noch) nicht, aber das Album ist definitiv hörenswert. Ich würd sogar soweit gehen und 4/5 Punkte sagen, einfach weil es mal wieder schöner, cleaner Country ist der hierzulande nicht existiert und generell heftigst unterschätzt wird.
Nie gehört von dem Herren und bei dem Cover allein hätte ich auch keinen Blick riskiert Aber dank der Cash Referenz hab ichs dann doch gemacht und bin echt beeindruckt. Gefällt mir gut bis jetzt!