laut.de-Kritik
80s-Pop-Freudenfest für Nostalgiker.
Review von Kai ButterweckDie Zeiten, in denen die Veröffentlichung eines neuen Studioalbums von Bonnie Tyler die Musikwelt in Staunen versetzte, sind schon lange vorbei. Einst in den kunterbunten Achtzigern als die First Lady des Buntfalten-Powerrock abgefeiert, fristet Bonnie Tyler im Hier und Jetzt ein Musikerdasein im Schatten des Branchen-Olymps.
Trotz der immer kleiner werdenden Blitzlichter schielt die Walliserin mit der markanten Kratzstimme aber keineswegs verbittert und neidvoll in Richtung Charts. Mit neumodischen Soundtrends kann Bonnie Tyler nämlich nichts anfangen. Die "Goldener Otto"-Preisträgerin aus dem Jahr 1977 und Urheberin von unvergessenen Dorffest-Hymnen wie "It's A Heartache", "Total Eclipse Of The Heart" und "Holding Out For A Hero" bleibt lieber ihrer musikalischen Linie treu - auch wenn das vielleicht bedeutet, dass der Name Bonnie Tyler nie wieder ganz oben in den Chartslisten zu finden sein wird. Authentizität hat aber bekanntlich auch was. Und diesbezüglich macht Bonnie Tyler niemand was vor.
Auf ihrem neuen Studioalbum "The Best Is Yet To Come" huldigt Bonnie Tyler den Achtzigern mit unbändiger Leidenschaft und Intensität. Vom ersten Keyboard-Akkord des nach vorne tänzelnden Titeltracks bis zum finalen Atemzug des schunkelnden Rausschmeißers "Catch The Wind" schmeißen Bonnie Tyler und ihre Regler drehenden Hintermänner David MacKay (Cliff Richard, Billy Ocean, Eric Clapton), Desmond Child (Kiss, Aerosmith, Bon Jovi) und Eric Stewart (Paul Young, Paul McCartney) alles in einen Topf.
Keyboardklänge, die an Alphaville, Modern Talking und Nik Kershaw erinnern, Bumtschak-Beats aus der Maschine und in Hall gebettetes Gitrarrengefrickel aus der Tiefe des Raums: Songs wie die opulenten Foxtrott-Hymnen "Dreams Are Not Enough" und "Hungry Hearts", die epische Ballade "Stronger Than A Man" und der mit gekünstelter Distortion unterlegte Rocker "Call Me Thunder" lassen jeden Karaoke-Fan vor Freude im Dreieck springen.
Bei so viel guter Laune an der Oberfläche geht man nur ungern in die Tiefenanalyse. Dass die gute Bonnie nur noch halb so viel Power in der Stimme hat wie vor 35 Jahren, ist keine allzu große Überraschung. Immer wieder hinkt die Sängerin dem vorgelegten Tempo hinterher. Und wenn die verfassten Zeilen zu lang für einen Atemzug sind, wird auch schon mal die Hälfte verschluckt.
Auch die durchweg glattgebügelte Musik kommt des Öfteren ins Schlingern – immer dann, wenn die zwischen Strophen und Brücken eingestreuten Breaks ohne Absprache einen Gang höher schalten. Am Ende aber siegt das Gute, so wie einst bei "Magnum", "Miami Vice" und "Ein Colt für alle Fälle" auch. So zumindest empfindet es der Hörer, der den Spaß an der Freude der akribischen Musikpolizei-Analyse vorzieht.
1 Kommentar
Walliserin? Also aus der Schweiz? Wohl doch eher aus Wales, also Waliserin …