laut.de-Kritik
Die Hardcore-Recken klingen so amerikanisch wie nie zuvor.
Review von Philipp SchiedelBoy Sets Fire galten mal neben Snapcase als eines der Aushängeschilder der amerikanischen Post-Hardcoreszene. Gemeinsam ließ man das fertige und hingerotzte Geprügel in den 80ern zurück und gab Hardcore mit neuer Konzentration auf ein ausgefeiltes Songwriting voller Breaks und Sprünge eine überraschende und längst überfällige positive Wendung.
Das steckt auch immer noch in der Band drin. Mit "Evicition Article" fährt sie wie auf dem Durchbruchs-Vorgänger "After The Eulogy" gleich zu Anfang das volle Prügelbrett auf. Aber schon nach eineinhalb Minuten fällt man in ein tiefes Loch von Breitwand-Refrains. Während Snapcase weiter versuchen, die musikalischen Grenzen von Hardcore zu überschreiten und sich konstant weiter entwickeln, gehen Boy Sets Fire keinen Schritt weiter, sondern treten eher in bekannte und ausgenutzte Emo-Pfade. Beim mehrstimmigen Chorus von "Last Years Nest" klingen die weit aufgerissenen Arme vor einem feiernden Stadionpublikum so durch, dass man sich mit Textzeilen wie "Save your wishes for the sky" wohl schon mehr an seine Label-Kollegen Creed angenähert hat, als einem Recht sein könnte. "Handful of Redemption" oder auch "Foundation To Burn" sind so beliebig und innerhalb des Emo-Fachs so austauschbar, dass sie im Angesicht der Bandgeschichte einfach nur noch traurig wirken.
Nathan Grays Stimme sucht aber immer noch seines gleichen. Egal ob er wie im Top-Mosher "Release The Dogs" knackig durchkreischt oder eben bei langgezogenen Melodien für die jugendliche Alternative-Ecke brilliert: Der Ton sitzt. Auch seine Kollegen an den Instrumenten machen eine gute Figur. Geschickte Slides und Licks setzen sie perfekt in Szene und sorgen für genügend Abwechslung, ohne die Songs an irgendeiner Stelle vertrackt erscheinen zu lassen.
Und darin liegt der Fehler. Clevere Arrangements und das dicke Auftragen sind auf dieser Platte so amerikanisch geraten wie nie zuvor. Und das, obwohl es die bisher politischste Platte der Band sein soll. Auf der musikalischen Seite ist es das sicherlich nicht. Am Ende bleibt "Tomorrow Come Today" ein durch und durch nettes Stück harte Rockmusik, die aber wirklich keinem mehr weh tut. Das sollte bei einer guten Hardcore-Platte aber nicht fehlen.
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