laut.de-Kritik
Farbig-fruchtiger Partycocktail mit der nötigen Dosis Hartsprit.
Review von Martin Mengele"Discosis" als englisches Wortspiel aus Disco und Psychose bezeichnet nicht ganz exakt die Krankheit, an der "Bran Man" Jamie Di Salvio zu leiden scheint. Als Head der Bran Van 3000 ist er vielmehr von der Idee besessen, so viele Stile und Genres wie nur denkbar auf einer Platte zu vereinen. Dies ist wohl dieselbe Krankheit, an der ein Barmixer leidet, der aus den verschiedensten Ingredienzien einen schmackhaften Drink zaubern will.
Di Salvio jedoch bringt es fertig, Popstars aller Couleur und Nationalität auf einem Silberling zu vereinen und dabei weder überladen noch unkoordiniert zu klingen. Da reihen sich Namen aneinander, die man in dieser Reihenfolge kaum auf einem herkömmlichen Sampler finden würde.
Zunächst fällt einem die Kooperation mit dem erst kürzlich verstorbenen Soulfunker Curtis Mayfield auf. Nachdem Di Salvio mit "Glee" Platinstatus erreichte, hatte er genug Selbstbewusstsein um mit dem legendären Mayfield Kontakt aufzunehmen und schickte Mayfield kurzerhand ein Tape mit diesem unverkennbaren funky 70ties Groove. Der schwerkranke Mayfield war zwar nicht mehr fähig, selbst dazu zu singen, er hatte aber noch einen unveröffentlichten Song namens "We Come In Peace" im Archiv. Dessen Acapella-Voacalsektion lag erstaunlicherweise auf genau derselben Tonart, wie Di Salvios Fragment. Das verschmolzene Ergebnis "Astounded" wurde folglich nicht grundlos zur ersten Singleauskopplung: ein housiger Tanztrack, randvoll mit souligem 70er-Charme, der wohl bald auf jedem Dancefloor zur Tanzhysterie führen wird.
Di Salvio ging aber noch weiter und spannte mit Hilfe von Pakistani-Popper Badar Ali Khan eine Brücke zwischen Orient und Okzident. Zusammen generierten sie mit "Stepchild" eine mächtige Rockhymne, die ihre Ursprünge in harten uptempo Rockgitarren sucht und zusammen mit den klagenden Vocals von Badar und einem Streicherarrangement eine wilde und ungezügelte Rockoper bildet.
Außerdem sind auch der Afropopstar Youssou N'dour und der Old School Reggae-Priester Eek-a-mouse zu hören. Zusammen mit dem Ex-Cars Sänger und Weezer-Produzenten Ric Ocasek und Mark Stent, der schon die Scheiben von Madonna, Björk und Massive Attack aufpolierte, mixte Jamie Di Salvio mit "Discosis" einen farbig-fruchtigen Partycocktail mit der nötigen Dosis Hartsprit. Ein kunterbunter Hörgenuss, der die lauen Nächte des Sommers 2001 zu verfeinern sucht.
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