laut.de-Kritik

Verspielte Pop-Folk-Ohrwürmer zwischen Feist und Dion.

Review von

Brooke Fraser kommt aus Neuseeland und macht verträumten Folk-Pop. Dabei klingt sie wie eine Mischung aus Mumford & Sons, Feist und (stimmbedingt) Céline Dion. Logisch, könnte man meinen. Auf der entspannten Pazifikinsel fliegt einem solch warme, akustische Musik sicher zu.

Aber falsch gedacht. Brooke Fraser suchte ihre Inspiration an einem weniger entspannten Ort: in Los Angeles. Nach vier Jahren kreativer Dürrephase ging ihr schließlich zwischen Betonklötzen, aufgespritzten Starlets und blinkenden Werbetafeln "Flags" in nur drei Monaten von der Hand. Dafür ein paar Respekt-Punkte vorab.

Mit süßlichem "Doo-doo-dododoo" eröffnet die Sängerin mit "Something In The Water", eine Uptempo-Pop-Hymne mit Einflüssen aus Country und Folk. Brooke ist verliebt, das lässt sich nicht überhören.

Es ist einer dieser Ohrwürmer, der sich noch tagelang in den Gehirnwindungen herumtreibt (und ziemlich schnell anfängt zu nerven), hat man ihn erst einmal irgendwo aufgeschnappt. Und das ist derzeit nicht unwahrscheinlich, denn die großen Radiosender sind längst auf den Shootingstar aufmerksam geworden. Wobei "längst" hier relativ zu sehen ist: In Neuseeland liefert die vermeintliche Newcomerin seit gut einem Jahrzehnt verlässlich Hits.

Verspielt-fröhlich präsentiert sich "Coachella", ein Song, für den das gleichnamige Festival in Kalifornien den Anstoß gegeben haben soll. Dort sah Brooke nämlich 2009 die Fleet Foxes, ihre Lieblingsband, und bekam auf einmal wieder Lust, selbst Musik zu machen: "Come on now, darling / Lets shake off these blues / I'll let my hair out / You'll slip off your shoes." Irgendwie eine schöne Vorstellung. Und ziemlich kitschig.

Überhaupt nicht kitschig fällt dagegen "Jack Kerouac" aus, sondern bezaubert mit originellen Text und musikalischer Experimentierfreude: Neben der Fraser-typischen Folk-Instrumentierung kommen hier ausgefallene Rhythmen und eine afrikanisch angehauchte Gitarre zum Zug - das absolute Album-Highlight!

Das atmosphärische "Ice On Her Lashes" konzentriert sich ganz auf Brookes klare Stimme, die über Schicksalsschläge verschiedener Personen singt. "Es gibt einen Moment, wenn du einen Anruf kriegst und erfährst, dass etwas Erschütterndes passiert ist. Du siehst dich um und fragst dich, wie alle anderen Menschen weiter machen können wir bisher, im Stau stehen oder Milch kaufen, während sich dein Leben für immer verändert hat."

Vor allem die Geschichten, die sie erzählt, machen Brooke Frasers Lieder zu etwas Besonderem. Da ist "Betty", das unnahbare Mädchen mit einem Kanada-förmigen Muttermal an der Hüfte, und die Farmerfamilie, die in "Crows & Locusts" mit den Naturgewalten kämpft. Letztere Nummer markiert nebenbei einen weiteren Höhepunkt, denn hier wagt Fraser sich in Sachen Songstruktur und Stil in neue Gefilde.

"Here's To You" klingt dann wieder ziemlich nach der Eingangsnummer. Brooke Fraser in einem langen Hippiekleid am Lagerfeuer erscheint in meinem Kopf. Zweifelsohne eine hübsche Melodie mit nettem Text - trotzdem schade, denn die talentierte Songschreiberin könnte noch etwas mehr Abwechslung ins Spiel bringen, wenn sie stilistisch etwas größere Experimentierfreude zeigte. Dass das durchaus drin wäre, hat Brooke Fraser in einigen Titeln bereits bewiesen.

"Im Grunde ist unser ganzes Leben vergleichbar mit einer Fahne im Wind - sie flattert eine Weile am Mast, tief verankert im Boden, markiert unser Territorium. Sie trägt unsere Farben, unsere ganze Geschichte, unsere Werte, unsere Kultur und unseren Glauben. Doch irgendwann ist sie abgewetzt, wird eingeholt und schließlich durch die eines anderen ersetzt", so die junge Musikerin zu ihrem Albumtitel.

Bleibt zu hoffen, dass Brookes Flagge noch eine Weile flattert. Denn ob in L.A. oder in Wellington, da ist noch Luft nach oben.

Trackliste

  1. 1. Something In The Water
  2. 2. Betty
  3. 3. Orphans, Kingdoms
  4. 4. Who Are We Fooling? feat. Aqualung
  5. 5. Ice On Her Lashes
  6. 6. Coachella
  7. 7. Jack Kerouac
  8. 8. Sailboats
  9. 9. Crows & Locusts
  10. 10. Here's To You
  11. 11. Flags

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