laut.de-Kritik
Genres und Kulturen purzeln farbenfroh durcheinander.
Review von Dani FrommMangelnde Weltoffenheit lässt man sich bei Brooklyn Funk Essentials nicht vorwerfen. Die New Yorker Truppe meldet sich aus mehrjähriger Abwesenheit mit einem Mix zurück, in dem Genres, Kulturen und musikalische Traditionen farbenfroh durcheinander purzeln: Vom Funk führt der Weg mit Schlenkern über Reggae, Dub, Ska, Hip Hop und House zurück in die Disco.
Die Stationen der ausgedehnten Tour, während derer das Album entstand, grüßen wie bunte Ansichtskarten aus "Watcha Playin'". Exotische Melodien und Klänge fließen ein. Neben dem türkischen Klarinettisten Hüsnü Senlendirici sorgen Saiteninstrumente wie Oud, Saz und Kanun oder traditionelle Percussion mit Derbouka für orientalisches Flair.
Neben Gesang, den Oldschool-Raps aus "The Day Before Adidi" und wortreichem Toasting stehen immer wieder melodiös gesprochene Einlagen, die die Verwurzelung der Brooklyn Funk Essentials in der Slam Poetry-Szene in Erinnerung rufen. Dass zudem eingefleischte Jazzer am Werk sind, lässt sich ebenfalls schwer überhören.
Die fast sämtlich in Überlänge dargereichten Tracks künden von Harmonie und Spielfreude der Beteiligten, verlangen dem Hörer jedoch eine Menge Aufmerksamkeit ab. Um sechs, sieben, acht oder gar zwölf Minuten bei der Stange zu halten, lässt man sich zwar einiges an Details einfallen, die den zu Grunde liegenden stetigen Grooves wieder und wieder eine neue Richtung geben.
So spielen sich in "Need" abwechselnd einzelne Instrumente in den Vordergrund, ohne das Gesamtgefüge zu zerreißen. Der Fokus verlagert sich von der Klarinette auf die Gitarre, dann auf die Easy Listening-tauglichen Background-Chöre, während der Bass Kontinuität garantiert.
Mehr als einmal erwische ich mich aber nach vier Minuten bei dem Gedanken, ob wirklich jede Idee ausführlichst weich geritten werden müsste. Kürzer täte es auch: Solches beweist die knapp und knackige, vor Fröhlichkeit schier berstende Ska-Nummer "Dibby Dibby Sound", die temporeich und witzig einmal quer über den Balkan galoppiert.
In "My Jamaican Girl" treffen dicke Bässe auf Funkgitarren. Das Resultat gefiele mir ohne den etwas dünn geratenen Gesang noch deutlich besser, zumal es nahezu zwingende Tanzbarkeit an den Tag legt. Gleiches gilt für "The Park" oder die Disco-Nummer "Dance-Free Night", die ihrem Titel keine Ehre machen dürfte: Bei aller rückwärts blickenden Nostalgie bleiben die Herrschaften um Lati Kronlund doch fest im Hier und Jetzt verankert.
Zuvor noch zelebrierte karibische Leichtigkeit wechselt mit Klagen über Seelen- und sonstigen Ausverkauf und allgegenwärtige Lernresistenz in "For A Few Dollars More". "Rude Boy Shuffle" fährt zudem knautschende E-Gitarren, "Bellybuttons T&A" gar eine Spur Country auf. Aus dem weit gesteckten Rahmen fällt einzig die House-Nummer "S-Curved", deren allzu geraden Rhythmus mir auch der knorrig-verpennte Sprechgesang nicht wirklich schmackhaft macht.
Dominierende Bässe bekräftigen ansonsten auf ganzer Länge, was letzten Endes in Worte gefasst wird: "I am hip hop and so much more." Jetzt noch ein wenig Gespür für das zumutbare Maß, und die Welt aus Beats und Basslines wäre rundum in Ordnung.
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