laut.de-Kritik
Paul Anka, Nirvana und Harry Belafonte - geht das zusammen?
Review von Joachim GaugerUnzählige Lieder hat Caetano Veloso, der Mann der gemeinsam mit seinem Vorbild und Freund Joao Gilberto die brasilianische Volksmusik und den Rock im Triopicalism zusammen brachte, in seinem Leben geschrieben. Seit Ende der sechziger Jahre gilt er als einer der bedeutendsten Erneuerer der südamerikanischen Musik. Sein Freund ist mittlerweile Brasiliens Kultusminister, Caetano selbst veröffentlicht ein englischsprachiges Coveralbum, sein persönliches 'Great American Songbook' - so ändern sich die Zeiten.
"A Foreign Sound" ist aber doch wieder eine streitbare Platte geworden. Bis an die Grenze des scheinbar kaum noch Möglichen knetet und dehnt er die Lieder, allesamt Klassiker, teils des Jazz, teils der Moderne. Die überaus pointierten Interpretationen stoßen jeden vor den Kopf, der von einem Cover wenigstens ein Mindestmaß an Nähe zum Original erwartet.
Zur Provokation trägt das bestens aufgelegte Orchester unter der Leitung von Jaques Morelenbaum mit meist sparsam gesetzten Arrangements viel bei, wenn etwa in der viel diskutierten Version von "Come As You Are" erst sägende Cellolinien den Abwärts-Sog erzeugen, den des Sängers freundliches Organ partout verweigert. Wahrlich herausragend aber sind die gesanglichen Darbietungen des Meisters selbst. Wie kaum ein Sänger unserer Tage versteht es Caetano Veloso, seine Stimme wie ein virtuoses Instrument zu nutzen.
Wo andere etwa die Vibrato-Technik vor allem einsetzen, um Intonations-Schwierigkeiten zu verschleiern, trifft Veloso stets genau den Ton, den er will - das gilt übrigens auch für seine Live-Auftritte. Wo er doch das Tremolo als Stilmittel benutzt, möchte man meinen, er habe einen Hebel an den Stimmbändern wie andere an der Gitarre.
Wer hätte das gedacht: Es bedarf tatsächlich nur einer gewissen Risikobereitschaft, um selbst so abgenudelten Schnulzen wie Paul Ankas "Diana" neues Leben einzuhauchen. Und Velosos Version etwa des 20er Jahre Musical-Klassikers "Blue Skies" braucht Vergleiche selbst mit berühmten bis legendären Vorgängern wie Ella Fitzgerald oder Muddy Waters nicht zu scheuen.
Den Plan zu diesen Aufnahmen trug Caetano Veloso übrigens schon seit Ende der Sechziger mit sich herum. Der taz erzählte er kürzlich, wie die Platte zu ihrem Namen kam: "Das ist eine Zeile von Bob Dylan, sie lautet: 'So dont fear if you hear / A foreign sound to your ear', und stammt aus dem Song 'Its Alright Ma (Im Only Bleeding)'. (...) Es ist ein Song über psychische Unterdrückung und Freiheitsberaubung. Aber es gibt noch einen anderen, für mich fast noch wichtigeren Aspekt: Dieser Song klang wie die Lieder, die wir aus dem Nordosten von Brasilien kennen. Dort singen sie traditionelle, brasilianische Balladen, die an die Country-Lieder von Hank Williams erinnern. Und Dylans "Its Alright Ma (Im Only Bleeding)" klang, als wäre der Song eine dieser Balladen."
Noch keine Kommentare