laut.de-Kritik
Auf den Spuren von King Crimson, Genesis oder Yes.
Review von Hagen WäscheTurn the radio off! Die Botschaft von "The Audio Medium" ist die Antwort dreier ehemaliger Metal- und Hardcore-Kids auf das vorherrschende 08/15-Programm der Radiostationen. "Wir teilen den gemeinsamen Hass auf das, was man heute Musik nennt." Bei diesem Backround möchte meinen, hier kommt das absolute Brett – doch weit gefehlt. Die Jungs von Cancer Conspiracy setzten Schlagzeug, Gitarre, Bass, Keyboards, Saxophon und Effekte virtuos, ohne jegliche musikalischen Zwänge, ein und verlassen mit diesem Album die Ebene der üblichen Rockmusik.
"The Audio Medium" ist kein konventionelles Rock-Album, sondern ein instrumentales, genre-verschmelzendes, den Progressive-Rock der 70er weiter führendes Frickel-Jam-Album geworden. Cancer Conspiracy macht heute dort weiter, wo einmal King Crimson, Genesis oder Yes begannen.
Der träumerische Klavier- und Gitarren-Prolog "... To Sleep" baut sich sachte auf und fließt nahtlos in "Broken Heartbeats Gathered And Rebroadcast" ein. Voller Disharmonien lässt die Combo einen Indie-rockigen 6-Minuten-Ritt los, bevor man in "Our Minds Active Nightlife" von Voivod-ähnlichen Gitarrenriffs und Drumbeats schwindlig gespielt wird.
"Loft Compilation" ist da etwas zurückhaltender ausgearbeitet. Ein atmosphärisches Saxophon, gewundene Gitarren und ein mit Bedacht eingesetztes Schlagzeug schaffen einen verträumten, immer dicker werdenden Klangteppich, der am Ende die Härte eines Bretts erreicht. Ganze 22 Minuten umfasst der in vier Teile (a,b,c,d) untergliederte Titelsong "The Audio Medium". Ein Wechselspiel von laut und leise, vertrackter Rhythmik und atemberaubenden Breaks der Extralänge. Das ist, was die Band liebt und hier ausschweifend zelebriert.
Das Werk der drei jungen Amerikaner ist nicht einfach zu verdauen. Doch nachdem man die anfängliche Abscheu gegenüber den endlosen, gefrickelten und abrupt wechselnden Stücken abgelegt hat, tut sich nach und nach die grenzenlose Welt der Musik-Verrückten von Cancer Conspiracy auf. Lässt man sich darauf ein, kann man ohne weiteres dem tristen Programm unserer Radiostationen für eine dreiviertel Stunde ganz weit entfliehen.
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