laut.de-Kritik
Schwarzer Zweiteiler statt lasziver Erotik im T-Shirt.
Review von Martin LeuteWirklich unbefangen lässt sich über Carla Brunis drittes Werk "Comme Si De Rien N' était" nach ihrer Heirat mit Nikolas Sarkozy kaum mehr debattieren. Wie denn tun, als ob nichts gewesen wäre, wenn sich Carla Bruni auf dem Coverartwork nicht mehr beiläufig erotisch in Szene setzt und die Laszivität einer vermeintlichen Seriosität im schwarzen Zweiteiler gewichen ist?
Fest steht, dass das Ex-Modell mit "Quelqu'un M'a Dit" und "No Promises" bisher zwei ganz entzückende Alben auf den Markt gebracht hat. Ob die Lieder ihres dritten Werkes "Comme Si De Rien N'était" tatsächlich vor ihrer Verehelichung geschrieben wurden, scheint unbedeutend; offiziell gleicht dieses Album dem Drahtseilakt einer Liedermacherin und eben in erster Linie Präsidentengattin.
Unverändert sind die leichtfüßigen Melodien zwischen Chanson, Pop, Easy Listening, Jazz und Folk und Brunis samtseidener, immer etwas heiser klingende Gesang, der einer Françoise Hardy oder Jane Birkin huldigt.
Verändert haben sich die Arrangements, die mit Klarinetten, Piano, Synthieeinlagen und Bläsersätzen das Gitarrenspiel ergänzen und so an Vielseitigkeit gewonnen haben. Das Piano und der Bass grundieren im ¾-Takt den Opener " Ma Jeunesse", "La Possibilité D'une Ile", ein Gedicht von Michel Houllebecq, intoniert sie zu flauschigen Synthieklängen, Lap Steel und weichen Percussions und setzt ihren langsam gehauchten Gesang wirkungsvoll ein.
Zur geschlagenen Akustischen zieht sie das Tempo in "L'amoureuse" an, gebettet in sanfte Streichereinlagen; "Ta Tienne" überrascht mit einer hippiesken Querflötenlinie zum flotten Gesang. Lässig pendelt die Akustische in "Tu Es Ma Came" ("Du Bist Meine Droge") zwischen Blues und Jazz; vom kolumbianischen Außenminister wurde diese Gleichsetzung von Liebe und Drogen prompt kritisiert. Die Première Dame hat es nicht leicht.
Und wenn sie im sachte torkelnden "Je Suis Une Enfant" auf ihre bisher 30 Liebhaber anspielt, lädt das natürlich zu Spekulationen der Boulevardblätter ein. Mit Banjo und Violine trägt "L'Antilope" sympathisch folkige Züge; mit "Il Vecchio E Il Bambino" präsentiert sie einen italienischen Text des Anarchisten Francesco Guccini zu dunklen Pianoklängen und unruhigen Arrangements, die einen wirkungsvollen Kontrast zu der Süße ihrer Melodielinie bilden. Ein melancholischer Höhepunkt findet sich in dem durch Dylan bekannt gewordenen Stück von "You Belong To Me", das sie sich zur gezupften Gitarre und zur Mundharmonika äußerst zärtlich aneignet.
Auch wenn die Intimität der Songs nicht an Brunis Debüt anknüpft, hat sie musikalisch vor allem mit einer verspielteren Instrumentierung dazu gewonnen. Sie agiert mit ihren melancholisch-lieblichen Melodien nach wie vor auf einem Niveau, auf das sich die Kaffeehäuser dieser Welt einigen können.
Brunis Konzept geht jedenfalls erneut auf. 14 Songs oder knapp 43 Minuten geschmeidigste musikalische Unterhaltung, die denjenigen, die denn danach suchen, auch lyrisch einige Reibungspunkte bieten.
Die Lieder seien schon vor der Verbindung mit Sarkozy entstanden, sagt Carla Bruni, und es mutet ein wenig wie Koketterie an. Bei all dem Wirbel darf stark angezweifelt werden, dass Bruni als Präsidentengattin weitere Alben veröffentlicht. Wenn doch, wird keiner mehr tun können, als sei nichts gewesen.
4 Kommentare
Natürlich kann man das Album nicht mehr unbefangen hören, seitdem sie Sarkozy geheiratet hat. Meine Lieblings Online Seite "Bild.de" berichtet heute, dass die Verkaufszahlen massiv darunter gelitten haben sollen:
http://www.bild.de/BILD/unterhaltung/musik…
Hier ist noch ein weiterer Rezi - Link zu meiner zweitliebsten Online Seite:
http://www.musik-base.de/cds/C/Carla--Brun…
Bin ich hier tatsächlich der einzige oder einer der vielleicht ganz wenigen, dem Nikolas Sarkozy, die Rainbow-Press und das ganze Gedöns aber sowas von am Allerwertesten vorbeigehen?
"Unverändert sind die leichtfüßigen Melodien zwischen Chanson, Pop, Easy Listening, Jazz und Folk und Brunis samtseidener, immer etwas heiser klingende Gesang, der einer Françoise Hardy oder Jane Birkin huldigt."
Genau
Und genau aus diesem Grunde höre ich sie sehr gerne. Sarkozy? Wer ist das?
Die Platte finde ich wieder recht gut, und Lieder wie "L´amoureuse", "Peché d´envie" oder "déranger les pierres" sind schön.
Als Franzose kann ich sagen, dass ich a) Sarko nicht mag, und b) mir das in Bezug auf Carla Bruni absolut Sch...-egal ist, ich sehe sie als Künstlerin, und hier geht es um ihre Musik, und nicht um ihr Privatleben.
Bruni ist weitaus besser als ihr Ruf, aber auch lange nix besonderes. Das erste Album habe ich gerne gehört, schön weiche Songs die lieblich bis belanglos plänkeln.