laut.de-Kritik
Raritäten eines Poeten - für Fans unverzichtbar.
Review von Markus BrandstetterLassen Sie sich vom Folk im Titel nicht täuschen: Ein reines Genrealbum setzt uns Cass McCombs hier nicht vor. Jegliche Form der Einordnung fällt beim Kalifornier wie gewohnt schwer. Und das ist gut so.
Ein bisschen mehr als eine Dekade ist McCombs nun als Solokünstler unterwegs, hat sieben Studioalben und eine EP veröffentlicht, unter anderem bei 4AD und seit einiger Zeit bei Domino. Zeit für ein B-Seiten- und Raritätenalbum. "A Folk Set Apart" heißt es und führt uns anhand von neunzehn Stücken durch McCombs' Klanglandschaften irgendwo zwischen Lo-Fi, Americana, Garage und Punk. Letzterer ist auf der ersten Hälfte des Albums recht dominant.
"I fancied myself a poet today", singt McCombs auf dem Opener "I Can Not Lie", und weiter:"I'm always seeing ambulance backward". So kryptisch und obskur er sich gerne gibt, so eingängig ist McCombs auch. Stücke wie besagtes "I Can Not Lie", "A.Y.D." oder "Oatmeal" gehen binnen kürzester Zeit nicht nur gut und schnell nach vorne, sondern bleiben auch stante pede im Ohr hängen.
Dazu kommen jede Menge Geräusche wie Hupen oder Alarme. "Twins" ist das erste Balladenintermezzo mit ordentlich Hall auf den Vocals und 1960ern im Soundkleid. Und nicht nur ein Mal tönt der Geist der Beatles durchs Album. Auch "Minimum Wage" treibt die 60er-Jahre quer durch die Garage.
Bemerkenswert Schlag auf Schlag und locker-flockig geht es mit "Poet's Day" und "An Another" anschließend mit Garagenock weiter, ehe "Bradley Manning" dann Neil Young kanalisiert und die Geschichte des US-amerikanischen Soldaten und Whistleblowers Bradley Manning (heute Chelsea Manning) erzählt:
"Today, those who got up in Bradley's face / Wish to remain anonymous, in their disgrace / They spread rumors around he wet himself scared / Even if that's true, I don't really care / Recycled from Iraq and stationed at Fort Drum / His boyfriend introduced him to Triskelion / He met the hacktivists at MIT / Randomly hung out with some pikans / At last, people like me".
"Evangeline" ist ein grandioser Popsong, der bereits auf einer 7-Inch-Split-LP mit den Meat Puppets erschien, ebenso "Night Of The World", das ein paar Songs später auftaucht. Auch in punkto Kollaborationen tut was: Mike Gordon von Phish ist auf "Texas" zu hören, Tim Cedar von Ligament auf "Twins" und mit Chris Cohen von Deerhof macht McCombs bei "Poet's Day" und "An Other" gemeinsame Sache.
"Rarities, B-Sides & Space Junk, Etc." lautet der Untertitel der Compilation, aber Junk liefert McCombs als Letztes ab. Für die Fangemeinde des Kaliforniers ist die Platte unverzichtbar. Für alle, die einen Künstler noch nicht kennen, mögen derartige B-Seiten- und Raritätensammlungen nicht der konventionelle Weg sein, einen Künstler zu entdecken. Dennoch bekommt man hier durch die Bank starke und bemerkenswerte Stücke zu hören. Und das mit den Konventionen ist bei Cass McCombs sowieso eine andere Geschichte.
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