laut.de-Kritik
Echte Bewunderung für einen Liebling John Peels.
Review von Michael SchuhMann, das waren Zeiten damals, Mitte der 80er Jahre: The Smiths trafen sich noch im Konzertsaal anstatt vor Gericht, The Cure eroberten mit synthielastigen Wave-Hymnen die Stadien dieser Welt, und sogar R.E.M. gingen noch als Indie-Band durch. Gut, ich war zu der Zeit leider mit den Orientierungsarbeiten für die höhere Schule beschäftigt und konnte mich daher nicht auf Konzerten genannter Bands herum treiben. Doch das dürfte Cass McCombs nicht anders gegangen sein.
Der Mann ist Jahrgang 1977, zumindest vermutet das seine Plattenfirma, denn McCombs ist nicht der Typ Musiker, bei dem das Geburtsdatum als nötige Information in Pressezetteln erachtet wird. Wozu auch. McCombs lässt lieber seine Musik sprechen, und so verrät uns "Prefection" nach seiner 2004 erschienenen Debüt-Scheibe "A" nun zum zweiten Male mehr über ihn, als es biografische Anekdoten vermögen.
Stilistisch fällt er trotz Bandkonzept unter die Kategorie melancholischer Singer/Songwriter, auch wenn diesem Genre oftmals ein staubiger Muff anlastet, der auf vorliegenden Kompositionen aber höchstens silbrig glänzt. Warum das so ist, bleibt rätselhaft. Die Songs von Cass McCombs klingen wie verranzte Lo-Fi-Produktionen. Die Drums poltern rauh und ungemischt, auf der Stimme liegt mehr Hall als auf sämtlichen Stone Roses-Platten und wer das Erscheinungsjahr des Albums blind auf 1987 schätzt, muss auch nicht ausgelacht werden.
Einmal mehr bleibt uns nur, dem traditionsreichen 4AD-Label dafür zu danken, dass es sich auch nach all den triumphalen Jahren den Blick auf's Wesentliche bewahrt hat. Der in Baltimore groß gewordene McCombs lässt uns in herrlich morbide Stimmungen abtauchen und bietet uns sogar seine Schulter zum Ausweinen an. Damit wir zwischendurch aber keine allzu roten Augen bekommen, gibt es auch kleine, dreckige Muntermacher wie "Subtraction" oder "Bury Mary" (welch erquickende Velvet Underground-Hommage).
Was McCombs von vielen so genannten Songwriter-Kollegen unterscheidet, ist wohl die Tatsache, dass er mit "Sacred Heart" einen herzzerreißenden Hit geschrieben hat, der nach Radio-Airplay geradezu kreischt. Und wer einen Song wie "She's Still Suffering" veröffentlicht, der zu Beginn wie ein Song der ersten New Order-LP klingt, und der auch anschließend gar nicht daran denkt, anders zu klingen, dabei aber statt peinlicher Abkupferungsvorwürfe nur ungespielte Bewunderung hervor ruft, der hat wohl alles richtig gemacht. Dass diese Wahrheit schon Chef-Connaisseur John Peel geläufig war, geschenkt.
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