laut.de-Kritik
Die ehemalige Catatonia-Sängerin meldet sich aus Nashville zurück.
Review von Giuliano BenassiWorld Music war eine Zeit lang große Mode. Paul Simon reiste nach Südafrika und Südamerika, Youssou N'Dour kam in die Charts mit Neneh Cherry, Peter Gabriel brachte Musiker aus der ganzen Welt heraus, je ethnischer desto besser. Dem Trend scheinbar hinterher hinkend ging die Waliserin und ehemalige Catatonia-Sängerin Cerys Matthews im Juni 2002 nach Nashville, um in der Hauptstadt des Country ihr erstes Soloalbum auf zu nehmen.
"Es war ganz anders als das, was ich mit Catatonia gemacht habe, weil wir jeden Song anders bearbeiten und viele Leute einbringen konnten. Ich wollte jede Nuance der zusammen spielenden Instrumente hören, auch die Kanten", erklärt sie dazu. Akustisch und im Studio, aber weitgehend live aufgenommen, besticht "Cockahoop" vom Start an durch seine Frische und Lebendigkeit.
"Chardonnay, ich liebe dein Bouquet, ich möchte dich in meinen zitternden Händen halten" verkündet Matthews im ersten Lied und dürfte damit den Arzt ihrer Entzugsklinik zur Verzweiflung treiben. Ihre fröhliche hohe Stimme erinnert an Björk, Lucinda Williams und Gianna Nannini. Dabei bildet sie ein gutes Kontrastprogramm zu den Texten, die sich zwar vorwiegend um das Thema Mann und Frau drehen, in denen aber Alkohol und Liebe machen eine wichtige Rolle spielen.
Jedes Lied setzt sich musikalisch vom anderen ab. Mal sind es Celli oder Holzbläser, mal wenige Noten einer Acid-Trompete, die für Abwechslung Sorgen. Produzent Bucky Baxter bringt nicht nur seine Slide Guitar ein, sondern stellte auch eine hochwertige Studioband zusamen, die zwar aus dem Country kommt, jedoch offensichtlichen Spaß an dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit hatte. Obwohl das Genre immer wieder durchschimmert (zum Beispiel beim banjolastigen "Louisiana"), bleibt genügend Platz für Tom Waits-Abwandlungen ("Weightless Again"), ein Gewitter mit Geigenbegleitung ("Miller Of Hooterville"), einen für Nashville sicherlich untypischen Meeresbezug ("Ocean"), oder einen walisischen Traditional ("Arglwydd Dyma Fi").
Den Abschluss macht dagegen ein klassisches Tennessee-Thema: Der Tod. "Bald werden alle meine Prüfungen vorbei sein. Der Jordan ist kalt, aber nur für den Körper und nicht für die Seele", erklärt Matthews und erinnert dabei an Johnny Cash, der das dritte seiner American Recordings mit "Ich gehe über den Jordan. Ich gehe nach Hause" beendete. Bekanntlich kam er mit einem vierten Album wieder. Was bei Cerys Matthews hoffentlich auch der Fall ist: Von Hinterher hinken kann bei "Cockahoop" namlich nicht die Rede sein.
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