laut.de-Kritik
Altbekanntes im Slow-Motion-Modus.
Review von Robin KirkerIn gewohnter Manier präsentieren sich Chase Atlantic auf ihrem neuen Album "Lost In Heaven". Es bewegt sich abermals irgendwo zwischen Alternative, R'n'B, Synthpop und Rock, alles mit einer düsteren, mysteriösen Note. Der einzige Unterschied zu den letzten Werken: Alles ist langsamer und weniger energetisch.
Die Themen bleiben jedoch die gleichen. Die Band hat sich mittlerweile eine Fanbase aus leicht depressiven Teenagern aufgebaut. Mit Texten wie "I'm so tired, and I've only got myself to blame. Might not make it to my 30s, dig an early grave" in "Ricochet" wird das auch so bleiben. Wer Chase Atlantic schon eine Weile verfolgt, wird gemerkt haben, dass die ersten Töne dieses Tracks stark an "Consume" von ihrem Debütalbum erinnern. Ganze neun Jahre später benutzt die Band teilweise immernoch die gleichen Melodien. Ein Zeichen von Authentizität oder doch Einfallslosigkeit?
Ein weiteres Merkmal, das sich immer wieder in den Melodien der Band findet, ist das Saxophon von Christian Anthony. In "You" ziert ein Solo das Ende des Tracks. Doch bei diesem Rampenlichtmoment bleibt es nicht für den Saxophonisten. Während er immer wieder Duetts mit Mitchel hat, findet sich auf Lost In Heaven sogar ein eigener Song. Mit "Night Calls" beweist er sein Können ganz ohne den Frontmann. Leider ist der Track der kürzeste des Albums.
Chase Atlantic war schon immer eine Band, die eher wenige Features hatten. So auch auf Lost In Heaven. "Mess Me Up" ist der einzige Song mit Gastauftritt. Ein weiteres legendäres Saxophonsolo – hier endlich mal passend und stimmig. Kitschig bis zum Gehtnichtmehr, aber trotzdem ein Highlight des Albums.
Das kann man von "Amy" nicht behaupten. Eigentlich gute Voraussetzungen als Liebeslied mit schönem Instrumental. Schade hier ist jedoch die fast schon krampfhafte Glorifizierung von Drogen, die sich wie ein roter Faden durch die letzten drei Alben zieht. Es ist, als ob jedes Lied nur eine weitere Möglichkeit ist, Substanzen zu verherrlichen, und das wird langsam langweilig. Die Texte sind so repetitiv und ähneln "Cassie", "Escort", "Dancer in the Dark" und "Heaven and Back".
Gleich drogenverherrlichend geht's weiter mit "Doubt It". Der Beat, die Effekte und die beiden Stimmen von Mitchell und Christian ergeben musikalisch einen wirklich gute Track, nur der Text stört. "Still cocaine stains on my Nikes (Hey) Take drugs, stay high, do it high-key (Hey)" - anstatt sympathisch zu sein und Songs mit mitreißender Energie zu erschaffen, fühlt es sich so an, als würden sie nur versuchen, den Industriestandard zu erfüllen, was ironisch ist, da sie unabhängig sind. Dabei verlieren sie den Kontakt zu dem, was ihre Musik einst so besonders machte.
Die Teaser wie "Enter the Void", die beiden Pokémon-Typen und dieser cyber-futuristische Look – der Sound des Albums fängt die Atmosphäre zwar ein, aber die Texte sind wieder das alte Zeug. Naja, die Tracks hauen schon rein, dennoch kaum zu glauben, dass sie dafür wirklich Jahre gebraucht haben. Als tatsächlicher Fan ist es frustrierend zu wissen, dass Chase Atlantic mehr als genug Talent haben, um bedeutungsvolle Musik zu machen, ohne auf diese abgedroschenen Themen zurückzugreifen. Der Wunsch nach Tiefe und Originalität, die sie ihren Tracks verliehen haben, bleibt in diesem Album unerfüllt.
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