laut.de-Kritik
Löschblatt lutschen, Hosen runter, und ab dafür.
Review von Dominik KrausRupert Browne, Sänger der Bristoler Rockelektroband Chikinki, findet es ganz normal, sich inhaltlich zunächst einmal vor allem mit dem Thema Sex auseinander zu setzen. Ihm kommt es sogar spanisch vor, wenn er ein Buch liest, in dem von Sex keine Rede ist. Das klingt doch schon mal alles ganz vernünftig. Und folgerichtig lässt er sich auch textlich nicht lumpen und zeigt sich auf Chikinkis Longplayer "Lick Your Ticket" als ein treuer Freund der Wollust.
Und wie der CD-Titel bereits zart andeutet, darf das zärtliche Liebesspiel im Hause Browne durchaus auch gerne unter dem Einfluss diverser bewusstseinserweiternder Mittelchen geschehen. Oder in den Worten des Künstlers gesprochen: "Sex is fun when you are high." Right on. Löschblatt lutschen, Hosen runter, und ab dafür. Die direkte Attitude von Rupert sowie seine eindringliche, dem Technoheimer auch schon von diversen Tiefschwarz-Tracks bekannte Stimme machen ein wesentliches Element des chikinkischen Soundkosmos aus.
Eine Besonderheit dieses Kosmos ist zudem, dass Chikinki sich die Extravaganz erlauben, ohne Bass, bzw. Bassgitarre loszulegen. Dafür jedoch gibts zwei Keyborder, die aus ihren Kisten so allerlei Sounds und Gimmicks zaubern, einen dicken Elektrosound, der Chikinki von den mittlerweile doch recht zahlreichen Gitarrenbands mit leichtem Elektronikereinschlag abhebt. Gemeinsam mit den äußerst funktionalen Drums und dem großartigen Gitarrenspiel von Ed East, das bei schnellen Nummern schön ruckt und zuckt und schiebt, bei den ruhigeren Stücken dagegen luftig flirrt und schwirrt, ergibt das ein sehr eigenständiges, angenehm köchelndes Gebräu.
Ein weiteres Lob verdienen sich die fünf Herren aus Bristol dafür, dass sie großen Wert darauf legen, dass sich alles, was da auf "Lick Your Ticket" kreucht und fleucht auch live 1:1 umsetzbar ist. Da wird nichts programmiert, gesampelt oder sonstwie gefummelt, nein, Keyboards, Klampfen, Schlagzeug, Gesang, alles ist so wie es ist. Natürlich ist nichts gegen Sampeln an sich einzuwenden, auf gar keinen Fall, dennoch ist es irgendwie schön, dass diese Symbiose aus Rock und Synthetik nicht dem Hirn eines genialen Produzenten entsprungen ist, sondern im Proberaum entwickelt wurde. Das hört man den Songs auch an, so rund und schlank kommen sie allesamt daher.
Grobe Ausfälle gibts unter den insgesamt zwölf Tracks dementsprechend auch nicht zu vermelden. Doch natürlich sind nicht alle Stücke gleich so dicke Hits wie das wirklich grandiose "Ether Radio" (in freundlicher Erinnerung an den uns allen wohlbekannten Ätherfreund HST?), das zeigt, was aus dieser Band noch einmal werden könnte - Stars. Weitere Highlights sind der Opener "Assinator 13", das drum'n'bass-artige "Like It Or Leave It" sowie das etwas verzwirbelte "Hate TV". Lustig noch zu erwähnen, dass angeblich gleich zwei Mitglieder der Band ihre hoffnungsvollen Karrieren, und zwar zum einen als Formel 1-Wagen-Designer, zum anderen beim britischen Militär (?), für ihre Space-Rock-Kapelle sausen ließen. So sind sie halt, die wahren Überzeugungstäter.
Da das Album in UK schon vor gut einem Jahr rauskam, ist zudem zu hoffen, dass man schon bald mehr von Chikinki hören zu bekommt. Abgesehen natürlich von den bereits erwähnten Gastauftritten Ruperts auf dem neuen Tiefschwarz-Album sowie dem Chikinkibeitrag des vor nicht allzu langer Zeit erschienenen Kitsune Label-Samplers. Bin ehrlich gesagt schon gespannt, wie die Chikinkistory sich so entwickelt, doch bis dahin .... Lick Your Ticket!
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