laut.de-Kritik

Das arme Kind.

Review von

Wieso posiert Chris Brown mit einem nackten Kleinkind auf dem Arm? Wie viele Songwriter und Produzenten braucht man für einen Track, und wie viele Köche können wohl mitmischen, ohne den Brei zu verderben? Gehts eigentlich gar nicht mehr ohne Autotune? Glaubt die Welt noch immer, es hier mit einem Rapper zu tun zu haben? (Scheinbar: ja.)

Die Fragen springen einen im Rudel an, sobald man sich Chris Browns siebtem Studioalbum zuwendet. Die vordringlichste werden wir vermutlich auch heute wieder nicht beantworten können: Wieso küssen Branchenkollegen wie Medien diesem dreckigen Frauenschläger so unbeirrt den Arsch?

"Royalty", also. Chris Brown benennt sein Album nach seiner kleinen Tochter. Ein süßes Kind, wie Cover und die zahlreichen Fotos im Booklet belegen. Der Vaterstolz lässt sich leicht nachvollziehen. Besser jedenfalls, als ich mir ausmalen kann, wie Chris Brown dieses Album samt der an sie adressierten Danksagung, seinem "little angel sent from heaven" zu präsentieren gedenkt.

"Let me love you", jodelt es gleich aus der ersten Nummer. "Fuck you back to sleep, girl." Upps! Nicht, dass man von Chris Brown lyrisch großartig viel erwartet hätte, das über die übliche Schwengelschwingerei hinausgeht. Im Zusammenhang mit Aufmachung und Titel der Platte kommen einem die Texte doch mehr als fragwürdig vor.

Feiern, saufen, kiffen und sein Geld in Autos, Klunker und Weiber investieren, die blöd genug sind, sich auf einen unbeherrschten Unsympathen wie Chris Brown einzulassen: Kann man alles machen. Auch ausgiebig herumjammern, wenn man beim Aufreißen versehentlich an eine Ische gerät, die wohl ähnlichen Vorstellungen von Treue und Loyalität anhängt wie man selbst: geschenkt! Bloß hätte man das dann nicht unbedingt in Bilder seines Babys und dessen vergoldeten Händchen und Füßchen wickeln müssen.

Wie wird die kleine Royalty wohl finden, wenn ihr Daddy auf einer Platte, die zu allem Überfluss noch heißt wie sie, kundtut: "All I wanna do is drink and fuck", und hernach Anweisungen des Kalibers "Put that pussy on my face" in die Runde wirft? "My face is your pony and I want you to ride it", nämlich. Sobald sie versteht, worum es geht: vermutlich einigermaßen peinlich bis ziemlich ekelhaft. Armes Kind.

Chris Brown ist das, wie so vieles andere, offensichtlich von Herzen egal. "Zero, zero, zero, zero" ... und so weiter, ich denke, ihr habt es kapiert: "That's how many fucks I give." Na, dann. "I'm a champagne poppin' nigga, I love big asses and tits." Da wären die Prioritäten ja gesetzt: "Sex and Hennessey." Ein Prosit.

"I wanna make looooooooooooooooooooove, baby, that's all I wanna do. I can't get enoooouuugh." Aus jemandes Mund, der seine Beziehungsprobleme gerne mal mit der Faust löst, verursacht solches Gesülze allein schon Brechreiz. Dass die Stimme zudem restlos jede Eigenheit mit der Effektkeule ausgeprügelt bekommt, macht die Angelegenheit nicht besser. Heute gibts Vokalknödel aus dem Kochbeutel. Guten Appetit.

Werfen wir einen Blick in die Küche? Keine Ahnung, wie man sich das Prozedere vorstellen soll, wenn an jeder Nummer vier bis acht Produzenten und Songschreiber beteiligt sind. "Synthies. Wir brauchen mehr Synthies." "Die ollen Hi-Hats hier müssen weg!" "Eine Portion Claps aus der Konserve, bitteschön." "Ich hab' hier noch Fingerschnippen, Klavier und diesen ranzigen Rave-Effekt." "Alles rin in die Suppe und umrühren. Der Stampfbeat kommt aber nur in jeden zweiten Teller."

Im Ernst: Wie derart viele Mitwirkende derart wenig musikalische Ideen und keine einzige einprägsame Melodie ausbrüten können, grenzt auch schon wieder an Kunst. Die Produktionen wirken zwar allesamt teuer, aber auch komplett seelenlos und frei von jeder Inspiration. Als habe man einfach alles zusammengeschmissen, das gerade halbwegs dem ominösen Zeitgeist entspricht.

Musikalisch richtig gut gefallen mir eigentlich nur zwei Tracks: Den Beat zu "Make Love" baut Antonio 'Tone' Stith aus einem Basslauf, der wirkt, als habe jemand im Proberaum einen herumstehenden Bass gegriffen und einfach drauflos gespielt. "No Filter" aus NonFictions Schmiede fährt zwar ebenfalls jede Menge Plastik auf. Den Funk, der unter dem Dancefloor-Beat groovt, kriegt das aber nicht erstickt.

Dem Spaß den Garaus machen hier (wie überall sonst) der bestenfalls egale Gesang und die immer wieder unwahrscheinlich ärgerlichen Texte. "She say she fell in love with the G in me." So kann man sich natürlich aus jeder Verantwortung herausreden. Da helfen auch der hübsche Westcoast-Flavor und die Warren G- und Tupac-Zitate nicht mehr.

"What can Brown do for you?" Ach, guck an. Doch noch eine Frage, auf die ich eine Antwort weiß: Shut the fuck up!

Trackliste

  1. 1. Back To Sleep
  2. 2. Fine By Me
  3. 3. Wrist feat. Solo Lucci
  4. 4. Make Love
  5. 5. Liquor
  6. 6. Zero
  7. 7. Anyway
  8. 8. Picture Me Rollin'
  9. 9. Who's Gonna (Nobody)
  10. 10. Discover
  11. 11. Little Bit
  12. 12. Proof
  13. 13. No Filter
  14. 14. Little More (Royalty)
  15. 15. Day One
  16. 16. Blow In The Wind
  17. 17. Kae
  18. 18. U Did It

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6 Kommentare

  • Vor 8 Jahren

    voller hass und verachtung geschrieben :D

  • Vor 8 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 8 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 8 Jahren

    Lauts Albtraum: Fler feat. Chris Brown - Bitchslaps im Club

    // (Fler) Isch geb der Schlampe Bitchslaps im Club, Bitch-BItchSlaps im Club yo -
    BIIITCHHSLAAAAPs are all i neeeed to breeeeathe (brownvoice)
    (Fler) Die Schlampe kommt nicht klar, breit gebaut mach ich die Wunde wahr,du opfer siehst nicht klar wenn ich mit dem Bitchslap hier in dein Gesicht reinfahr
    Bitchslaps im Club , Bitch-Bitchslaps im Club, Carlo Chris Brown Flow schlägt die Bitchhoe kaputt
    // yeeeeeahhhhhh (brownvoice)

    meisterwerk :)

  • Vor 8 Jahren

    "Nicht, dass man [...] lyrisch großartig viel erwartet hätte, das über die übliche Schwengelschwingerei hinausgeht."

    Kudos Freddy, dass du dir die gefühlt Zillionste Besprechung (latent bis weniger latent) frauenfeindlicher "Musiker" antun kannst. Und dabei so viel Biss bewahrst. Nebst anwältlicher Diarrhoe, Kabelschwitzes Napalmschreibe und Bergers juveniler Verirrung bürgst du an vorderster Front für die rezensionale Qualität.

  • Vor 8 Jahren

    Empfinde die Review nicht wirklich als fair. Chris Brown hat tierisch genervt in den letzten Jahren und kaum was anständiges rausgebracht, aber auf dem Album hier sind doch überraschenderweise paar interessante und gute Ansätze vorhanden. Hätte man mehr würdigen können.