laut.de-Kritik
Blues und Pop als saubere Mixtur.
Review von Artur SchulzReas Output pendelt von jeher zwischen zwei extremen Polen: zum einen sind da die poppig-eingängigen Arbeiten, die ihm besonders in den Achtzigern zum kommerziellen Durchbruch verhalfen. Auf der anderen Seite steht die zuletzt innig gepflegte und nicht nur von Kritiker-Seite mit viel Lob bedachte Rückkehr zum authentischen Blues. "Santo Spirito Blues" stellt eine Mixtur beider Seiten dar. Mit vorwiegend guten Resultaten: Chris gelingt der Spagat zwischen Spaß und Ernsthaftigkeit meist mühelos.
Zu Beginn öffnet er mit "Dancing My Blues Away", "Rock And Roll Tonight" und "Never Tie Me Down" drei satt gefüllte Rock-Tüten. Lustvoll runtergerubbelte Gniedelgitarren treffen auf vorwärts treibende Drums, vermengt mit allerlei Blues-Ingredenzien.
Zeit zum Luftholen bietet erstmals "The Chance Of Love". Doch rutscht dieser Track mitunter gefährlich nah in allzu gefällig/beliebige Durchschnitts-Pop-Zeiten der "Dancing With Strangers"-Ära. Einem anderen Rea, nämlich dem Garvey, stünde das Ganze allerdings richtig gut zu Gesicht.
Liebenswert raubeinig und mit dem Herz immer am rechten Fleck intoniert Chris gewohnt rauchig seine Gesangsparts. "The Last Open Road" rumpelt als Honky Tonker mit schwellender Schweineorgel und ruppigen Gitarrensaiten am Ufer von New Orleans herum.
"Electric Guitar" funktioniert prächtig als Liebeserklärung an sein Instrument, mit reichlich Slide, Bass und Twang ausgestattet. Eine beiläufig herumspazierende Mundharmonika, klimperndes Piano und gelegentlich eingeflochtene Bläser geben dieser dennoch nie überladen wirkenden Sound-Leistungsschau den letzten Schliff. Das von heiterer Grundstimmung erfüllte "You Got Lucky" gerät ein wenig zu cheesy.
Dem Nachtclub-Jazz erweist Rea mit dem filigran-stimmigen Intro zu "Money" seine Referenz, bis gleichermaßen grimmig wie griffig herumtaumelnder Blues erneut die Oberhand gewinnt. Bahnbrechende Überraschungen hält der Guitar-Maestro diesmal nicht bereit, was dem Hörvergnügen allerdings keinen Abbruch tut.
(Nicht nur) für beinharte Fans lohnend, hält Rea in Form einer Box-Set-Edition die erweiterte Umsetzung seines neuen Werkes bereit. Hier stechen zwei DVDs mit ungewöhnlichem Material hervor: sie enthalten zwei selbst produzierte Filme. "Bullfighting" thematisiert das Thema Stierkampf, "Santo Spirito" beschreibt eine philosophische Sinnsuche in Florenz. Beides keine leichte Kost; Rea setzt hier klar und geglückt auf künstlerisch/experimentellen Tiefgang.
"Santo Spirito Blues" dokumentiert den seelischen Ist-Zustand des Musikers. Der gestaltet sich nach langen Jahren schwerer Krankheit und nicht selbstverständlicher Genesung 2011 sehr positiv.
Da sind noch die Schatten, gewiss, doch Chris tanzt seinen persönlichen Blues beiseite und weiß, dass er weitermachen kann und weitermachen will. "'Cos I found a secret / so the Devil he can't stay" ballt der Slide-King im Opener die Faust, und verspricht im letzten Track: "I pick myself up / and I will go on". Ganz klar: Chris Rea hat noch lange nicht fertig. Gut so.
Noch keine Kommentare