laut.de-Kritik

Melancholisch, elegisch und geräuschverliebt.

Review von

Dallas Green lässt sich zu Beginn des fünften Albums seines Solo-Projekts City & Colour Zeit - und zwar ordentlich: Neun Minuten und sechzehn Sekunden braucht der Opener "Woman", um sich zu entfalten, sich in breiten, molllastigen Klanglandschaften auszubreiten. Er birgt gleichermaßen Liebesbekundung wie Elegie: "Woman / My love is never ending / Like a sea without a shore / Woman / I'm a fool guilty of old crimes / But you are the one I adore", singt Green, und dann: "Woman / When the world has emptied and the planet is covered in dust / I will stand beneath the silver moon rising / Waiting to resurrect our love."

Wer sich über die ausufernde Länge dieser Zehn-Minuten-Meditation wundert, wird staunen: Die ursprüngliche Version umfasste sogar eine halbe Stunde, erzählte Green im Vorfeld. Man habe sich letztlich aber doch für eine etwas kürzere Fassung entscheiden.

Damit hat sichs mit der Überlänge allerdings auch schon. Die Stimmung der restlichen zehn Tracks, die einen erwarten, ist damit allerdings schon bestens einzementiert. "If I Should Go Before You Go" klingt so melancholisch wie der Titel verrät. Recht bald geht es jedoch schon ein wenig songorientierter zur Sache. Zwar wartet "Northern Blues" durchaus mit der Sphärenverliebtheit seines Vorgängertrack auf, wirkt aber strukturell deutlich komprimierter.

Anders bei "Mizzy C": "I keep recycling stories from my youth / That I've told before / Conversations with myself / Have become such a a bore / Struggling to find the rhythm / In these blues of mine / I've been living out of focus ...", heißt es da. Green tritt ein wenig von den Shoegaze-Effektpedalen runter und bietet angezerrten, aber nicht in Klangsphären ertrinkenden Pop. "If I try to change direction / I might not find what I'm looking for / But this bitter disposition / Well now must surely run its course."

Einen völligen Richtungswechsel hat Green mit diesem Album zwar nicht vorgenommen, wohl aber ein deutliches Vorhaben in den Raum gestellt: nämlich den Spagat zwischen groß (durchaus auch größer als bisher) gedachtem Klangbild und Ambiente und substanziellem Songwriting.

Manchmal gönnt er seiner Ambience-Verliebtheit eine Pause, das tut ab und an auch ganz gut. Beim vom Akustikgitarren getriebenen, recht geradlinigen "Map Of The World" beispielsweise nehmen die üppigen Halleffekte und Klangschichtungen eine wohlverdiente Auszeit.

"Through times of trouble / Or just a simple stumble / I can go and make some real good noise", singt Green (siehe auch: Alexisonfire) in "Friends". Das ist Understatement: Er kann nicht nur some real good noise machen, sondern auch atmosphärische und stimmungsvolle Songs, bei denen er, wie auf diesem Album, gesanglich wirklich glänzt. Ist der Zehnminüter einmal abgefrühstückt, kommen diese Stärken seiner Songs sehr schnell zum Vorschein, wenn auch nicht über die ganze Strecke gleichmäßig verteilt.

Trackliste

  1. 1. Woman
  2. 2. Northern Blues
  3. 3. Mizzy C
  4. 4. If I Should Go Before You
  5. 5. Killing Time
  6. 6. Wasted Love
  7. 7. Runaway
  8. 8. Lover Come Back
  9. 9. Map Of The World
  10. 10. Friends
  11. 11. Blood

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen City and Colour – If I Should Go Before You Go (2LP) [Vinyl LP] €240,00 Frei €243,00

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT City & Colour

Dallas Green, seines Zeichens Sänger der kanadischen Hard-Core-Combo von Alexisonfire, ist ein produktiver Mensch. So produktiv, dass er neben seiner …

2 Kommentare

  • Vor 9 Jahren

    Ich hab noch nichts von dem Album gehört, aber wenn ich in Erinnerung rufe was ich von vorher kenne und dann noch die plakativen Titel sehe hält sich der Reiz auch in grenzen. Wohl eher was für die Kolleginen knapp ü30

  • Vor 8 Jahren

    'If I Should Go Before You' steht unter allen Platten von Green sehr alleine aber gut da! Es klingt, nicht zuletzt wegen der Recording-Technik, wie eine Platte welche es auch schon Anfang der 70er Jahre schonmal hätte geben können! Ein Meisterwerk, welches sich am besten auf Vinyl mit einem Glas Whisky genießen lässt.

    Wie immer gilt, "haters gonna hate".
    Als Alexisofire-Fan der ersten Stunde, bishin zu dem, nun ausgeuferten Alleingang von Green, gibt es kaum ein Song oder Platte welche nicht gefällt.

    Man muss offen für Neues sein und doch eine gewisse Skepsis beherrschen um die Facetten dieses Musikers zu mögen.... aber es klappt schon. "There´s no need to rush..."