laut.de-Kritik
Eine Sommerplatte mit schrägen Gegensätzen.
Review von Jasmin Lütz"Einfach laufen lassen", riet einst John Lennon. Und die ebenfalls aus Liverpool stammenden Clinic veröffentlichen mit "Do It" ihr mittlerweile sechstes Album. Ganz schön fleißig meine Herren.
Allerdings bringt mich der brachiale Mix aus 70er Rock und buntem Pop-Zirkus nicht mehr ganz aus der Fassung so wie damals das Debüt. Man muss nicht sagen, dass sie sich wiederholen. Da klingt schon jedes Stück verrückt anders.
Und nach zehn Jahren passiert es eben, dass man sich einen leicht zu erkennenden, spezifischen Sound aneignet. Da wären die chaotische Verschmelzung mehrerer Genres, die melancholische Melodica und Ade Blackburns vibrierende Kehle zu nennen.
Die irren Doktoren haben nun eine Sommerplatte mit schrägen Gegensätzen kreiert: gleich zu Beginn das psychotische "Memories", mittendrin gefühlvolles Entspannen mit "Emotions" und am Ende das feierliche, durchgeknallte "Coda" inklusive Glockenläuten, knarzender Gitarre und Sprechgesang.
"Do It" ist der etwas andere Hirnzellenwäscher: Ein tanzbares Ungleichgewicht vom Mersey. Den Dancefloor-Trip in "The Witch (Made To Measure)" beherrschen sie ebenfalls. Überzeugend der rotzige Punk in "Shopping Bag". Kriminell mit leichter Hula-Hüfte und Tarantino-Soundtrack-Manier klingt "Free Not Free" und die eigentliche Liebesballade heißt "Mary & Eddie". Man klebt förmlich an den Lippen des düster und traumatisch klingenden Sängers.
Das Quartett bleibt in seinem individuellen Universum verhaftet: Nach wie vor gelten sie in der englischen Indie-Szene als Außenseiter. Das kümmert Clinic wenig, sie lassen ihren Gefühlen und Talenten einfach freien Lauf, spielen sich in Ekstase und sitzen garantiert bereits am nächsten Longplayer, der einen wieder mit humorvollen, wirren und besoffenen Walzer-Rhythmen überrumpeln dürfte.
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