laut.de-Kritik
Emotionsgeladene Live-Umsetzung eines Indierock-Meilensteins.
Review von Kai ButterweckWenn sich lernbegierige Neu-Gitarristen mit ersten Akkord-Folgen beschäftigen, kann man Haus und Hof darauf verwetten, dass sich unter den ersten zehn erlernten Song-Fragmenten auch "Mr. Jones" befindet. Selbst viele Kids, die sich später den extremsten Rock-Genres zuwenden, haben mit dem Counting Crows-Evergreen aus dem Jahr 1993 ihre ersten Gehversuche auf der Gitarre gestartet, um ein Gefühl für das Instrument zu entwickeln.
Die erste Single des mehrfach mit Platin ausgezeichneten Debüts der Kalifornier um Sänger Adam Duritz gilt ungebrochen als musikalischer Höhepunkt und Eckpfeiler einer jeden Counting Crows-Show. Dem musikalischen Inhalt des Erstschlags der sechs Folk-Rocker "August And Everything After" reichte bis zum heutigen Tage kein Nachfolger mehr das Wasser. Um so nachvollziehbar ist die Entscheidung der Band, mit ihrer ersten Live-Veröffentlichung jenem Werk zu huldigen, das das Sextett praktisch über Nacht zu Superstars avancieren ließ.
Vor vier Jahren spielte die Combo in der New Yorker Town Hall das komplette Album von vorne bis hinten durch. Doch erst anno 2011 entschlossen sich die US-Amerikaner, diesen ergreifenden Abend in Form von "August And Everything After – Live At Town Hall" mit ihren Fans zu teilen. Über die Qualität und Daseinsberechtigung einzelner Songs auf diesem Meilenstein der Indierock-Geschichte bedarf es keiner Diskussionen.
"Rain King", "Murder Of One" und natürlich das eingangs erwähnte "Mr. Jones" haben seit ihrer "Geburt" im Jahr der Amtseinführung von Bill Clinton nichts von ihrer Faszination verloren. Der Sound ist erstaunlich klar für ein Live-Album, die Band zieht die Anwesenden bereits beim Doppel-Opener "Round Here / Raining In Baltimore" in ihren Bann.
Die Songs haben sich über die Jahre in ihrer Struktur kaum verändert. Hier und da wird zwischendurch ein bisschen gejammt und Altbewährtes mit neuen Arrangements verziert. Dennoch bedarf es oftmals des Drückens der Repeat-Taste, um die Erinnerungen wachzurütteln.
Das liegt vor allem an der emotionsgeladenen Gesangsdarbietung von Sänger Adam Duritz. Bisweilen verfängt er sich in seinem Lyrik-Kosmos, indem er den Songs neue Strophen zufügt oder Passagen mit Band-fremden Inhalten verziert. Auch sein Hang zur Gesangs-Theatralik führt dazu, dass einige Nummern ("Mr. Jones", "Rain King") mitunter neue Gesangslinien verpasst bekommen. Das wirkt zunächst etwas befremdlich.
Alles in allem präsentiert sich die Band aber in bester Verfassung und wird dem erfolgreichsten Studio-Output ihre Karriere live durchaus gerecht. Für Fans ein Muss, für Neueinsteiger empfiehlt sich hingegen eher das Studio-Original.
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