laut.de-Kritik
Prog? Folk? Rock? Pop? Alles zusammen!
Review von Alexander CordasCryptex machen es sich nicht gerade einfach. Ihren Sound einzuordnen, fällt recht schwer, wenn man auf gängige Floskeln und Genre-Bezeichnungen zurückgreifen möchte. Weder sind sie ganz im Progrock anzusiedeln, für eine Folk-Band treten sie zu sehr aufs Gaspedal. 08/15-Rock spielen sie auch nicht, und trotz der teilweise sehr eingängigen Melodien hilft Pop als Beschreibung auch nicht wirklich weiter.
In ihrem Dutzend Songs stecken dennoch all die beschriebenen Elemente, nur eben nicht in Reinkultur. Hymnischer Chorgesang, Streicher-Einsatz, rockige Passagen, etwas vertracktere Arrangements, und das alles kommt aus der deutschen Provinz, nämlich dem niedersächsischen Salzgitter. Piefiger gehts kaum. Aber was die Herangehensweise angeht, lassen die Herrschaften auf ihrem zweiten Longplayer fast nichts anbrennen.
Die Produktion des Albums mit 'glasklar' zu umschreiben, wirkt fast schon euphemistisch. Der Detailtreichtum an Klängen geht im großen Ganzen nie unter. Dennoch wünscht man der Truppe, sie hätte, speziell was die Aggressivität der Klampfen betrifft, öfter mal eine Schippe drauf gelegt. Etwas handzahm kommen die eigentlich knackig arrangierten Lieder daher. Dennoch packen Cryptex so viele Ideen in ihre Songs, dass das Hören einem kurzweiligen Happening gleicht.
Ihr glockenheller Wooohoo-Gesang tönt schon fast nach Renaissance und unterstreicht den pompösen Aspekt der Cryptex-Tracks, der im längsten Song "Melvins Coolercoup" seinen Höhepunkt findet. Mit seiner Lockerheit und Offenheit mutet das wie eine Rhapsodie an. Hier dürften sich die Niedersachsen von der berühmten böhmischen inspirieren lassen, wenn sie nach gut vier Minuten im Mittelteil mit allerlei Getröte und Gedöns einen kleinen Sockenschuss integrieren.
Dieser Tage erscheint das Album nun endlich auch auf Vinyl. Gerade in dieser Version kommt zum Tragen, was Fetischisten des schwarzen Goldes gerne mit "warmem Klang" beschreiben. Der Detailreichtum der Songs und die sorgsam austarierte Produktion kommen analog schön zum Vorschein. Da darf man ruhig die Anlage einmal richtig laut aufdrehen, ohne dass der Sound matschig klingt.
Wenn Cryptex so weitermachen, dürfte ihnen, zumindest in der hiesigen Musiklandschaft, eine rosige Zukunft beschieden sein.
2 Kommentare
Oh, schön das ihr das auch mal reviewt. Unfassbar schönes Album.
Wenn Moskon den grauen Schleier in den Griff bekommt, wird man von Cryptex noch viel hören!