laut.de-Kritik

Deutscher Hip Hop mit dem Segen von Pink Floyd.

Review von

Und wieder wagt ein deutscher DJ mit einem eigenen Album den Versuch, über den Bekanntheitsgrad des Local-Clubs hinaus zu kommen. Eine Einleitung, die beim Berliner DJ Derezon nur auf den ersten Blick passt. Schließlich hat besagter Plattenkratzer 1988 mit seiner Gruppe Rock Da Most die erste Deutsche Hip Hop-Platte veröffentlicht. Ein Deutsches Rap-Urgestein also. Trotzdem werden Massive Töne-Fans oder die Savas-Anhänger der jungen Generation noch nichts von dem alteingesessenen DJ und Produzenten gehört haben. Ein Missstand, den Derezon auf dem neuen Album "Championz League" mit massig deutschen Rap-Acts bereinigen will.

Aufgrund seiner Einladung haben sich schnell mehr als 30 Künstler für eine Zusammenarbeit gefunden. Leider klingt diese Anzahl gleich weniger beeindruckend angesichts der Tatsache, dass fast die Hälfte der Tracks nicht einmal zwei Minuten dauern. Es handelt sich hier vorwiegend um Song-Fetzen, die getreu dem Motto Quantität statt Qualität wenig überzeugen. Einen großen Teil hätte Derezon getrost für sich behalten können. Bintias stupide Kollaboration mit Rapperin Lisi ("Einfach Tight") etwa nervt einfach nur, und Schreiners "Daisy Cutter" ist so schlecht wie sein Buchstabiertalent ("Werft die Hände in die L-I-U-F-T)".

Aus der Masse stechen aber trotzdem einige wenige Lichtblicke heraus. Das hat Derezon unter anderen Afrob, Kool Savas, D-Flame, Spax oder den Aphrodelics zu verdanken. D-Flame rappt nach seinem Dancehall-Album wieder gekonnt auf einen ruhigen Beat ("Es Geht Imma Weiter"). Und Spax quälen, gemeinsam mit Indio überzeugend performt, depressive Gedanken ("Stadtkälte"). Der King of Rap Kool Savas kann einmal mehr den Pokal für den besten Song auf dieser Compilation einheimsen ("Nix Is Umsonst"). Wobei der 3P-Barde J-Luv einen großen Teil dazu beiträgt, indem er seinen Refrain angenehm mit den Harfe-Klängen harmonisieren lässt und im kurzen Chorus eindeutig tiefer geht als Savas' in seinen bekannten Battle-Rhymes.

Eine Überraschung gelingt Derezon mit den österreichischen Aphrodelics auf "Whuz Poppin'". Sie interpretieren den Pink Floyd-Klassiker "The Wall" auf ihre ganz eigene Art. Statt Schulboykott fordert der Kinderchor mittlerweile "Hey DJ, turn the volume up..." auf das alte Instrumental. Das sogar mit Absegnung des Komponisten selbst. Denn Roger Waters, Kopf von Pink Floyd, soll persönlich bei Derezon angerufen haben, um ihm seinen Segen und seinen Respekt für den gelungenen Track zu übermitteln.

"Championz League" ist eine Momentaufnahme der Berliner Rap-Szene, die bekanntermaßen einiges zu bieten hat. Leider zieht sich das Album durch zu viele mittelmäßige Stücke unnötig in die Länge und lässt deswegen auch bei den überzeugenden Tracks nicht richtig Stimmung aufkommen. Letzten Endes ist die Platte doch nur ein neues Album eines deutschen DJs, das lediglich die Stammgäste des Local-Clubs von den Socken reißen wird.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Ey! Yo!
  3. 3. Hot Shit
  4. 4. Der / Die Wa(h)re Hiphop
  5. 5. Nix Is Umsonst
  6. 6. Raw & Real
  7. 7. Alles Für Nix (Exclusive Derezon Remix)
  8. 8. Einfach Tight
  9. 9. Inna Di Air
  10. 10. Austrittskarte
  11. 11. Daisy Cutter
  12. 12. Whuz Poppin' (The Wall Remix)
  13. 13. Whuz Poppin' (Original)
  14. 14. Es Geht Imma Waita
  15. 15. U.D.P. Part 2
  16. 16. 1, 2
  17. 17. N Nigga Der Net Labert
  18. 18. Damage Line
  19. 19. Stadtkälte
  20. 20. Schicksal
  21. 21. Headknocka!
  22. 22. 7 Siegel
  23. 23. Vibes
  24. 24. Pssssst
  25. 25. Primadonna (Exclusive Remix)
  26. 26. Champion
  27. 27. Kral Ciplak
  28. 28. Flexmodus
  29. 29. Besseres Morgen

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