laut.de-Kritik

Kein typischer Techno Turnschuh-T-Shirt-Style.

Review von

Dakar & Grinser Are Back! Nicht dass sie jemals weg gewesen wären. Im Gegenteil. Auch nach dem offiziellen Bandsplit kurz nach der Jahrtausendwende blieben uns die Herren Dakar aka Christian Kreuz sowie sein kongenialer Mitstreiter Grinser aka Michael Kuhn erhalten und versorgten uns in regelmäßigen Intervallen mit neuem Material.

Grinser ging mit dem Sänger und Songwriter Florian Horvath fremd. Unter dem Bandnamen Grom firmierend, veröffentlichten die beiden schwülstigen, new wavig angehauchten Elektrosound. Dakar besann sich seines bürgerlichen Namens und seiner Muttersprache und lieferte 2004 mit "Diktatur Des Kapitals" ein leider viel zu wenig beachtetes Kleinod in LP-Format mit scharfen deutschen Texten ("Koks und Prada") und knackiger Electro-Pop-Rock-Punk-Musik ab.

Nun also haben sich die beiden wieder gefunden. Schön für sie, schön für uns. Mit "Triumph Of Flesh" folgt sogleich der Beweis, dass sie sich zwar eine Weile aus dem Wege gingen, sich aber nicht musikalisch entfremdet haben. Kreuzens Gesang und Kuhns Musik, das passt auch nach fünf getrennten Jährchen einfach zusammen wie Pommes und Ketchup. Auch wenn sich der Sound seit "Are You Really Satisfied Now?" weiter entwickelt hat.

Mehr Discofeeling und gerade Minimalbeats als früher, ein Hauch mehr Pop und Softness, das ist grob gesagt die Marschrichtung. Funky Gitarre inklusive ("Triumph Of Flesh"). Dazu macht die Scheibe trotz diverser stilistischer Unterschiede zwischen den einzelnen Tracks einen schön dichten und in sich geschlossenen Eindruck, was natürlich nicht zuletzt an der sehr virilen Stimme von Christian Kreuz liegt. Der Kerl ist einfach der Natural Born Sänger schlechthin.

Besonders eindrucksvoll erhebt er sein Organ auf "Better Times", einer aberwitzig abgezockten Electro-Country-Nummer, die es in sich hat. Da sieht sogar der legendäre Fernsehonkel Elmar Gunsch alt aus, so tief und sonor gurrt Kreuz da seinen Text. In meinen Ohren das absolute Highlight auf "Triumph Of Flesh".

Weitere Schmankerln sind das Ian Dury-Cover "Inspiration", das vom Soundteppich her, von Rolando-artigen schnipseligen Piepsern angefacht, zwischen alten 808 State-Flächen und Phillystreichern schwebt. Pop Moderne. Das ist schon sehr, sehr gut und wirkt auch ziemlich abgeklärt, was Dakar & Grinser hier mit Herrn Dury anstellen. Als weitere Tracks sind noch der Titeltrack sowie "Making A Slip" hervorzuheben, ein schön verschobener Acid-Disco-Schieber mit lässigen Damen im Vocalhintergrund.

Der Rest von "Triumph Of Flesh" ist sehr gut produzierte elektronische Tanzmusik mit einem sehr guten Sänger darüber. Manchmal wirkt die Platte schon ein wenig zu routiniert. Die Stücke laufen sauber vor sich hin und es gibt rein formal wirklich nichts auszusetzen. Doch was mir beim Komplettdurchlauf von "TOF" bei manchen Tracks ein wenig abgeht, ist der letzte Kick, die echte Inspiration, so wie sie auf "Better Times" voll zum Ausdruck kommt. Dennoch gibt es keinen wirklich schwachen Song auf der Scheibe. Und das ist gemessen an Unmengen schlechter bis mittelmäßiger Longplayer aus dem Elektronikerlager eine nicht alltägliche Leistung.

Schön auch, dass die beiden ihren Hang zur seltsam durchgestylten, optischen Zuschaustellung ihrer selbst nicht verloren haben. Die zwei Dandy-Birdies auf kleinen Säulchen hockend im künstlichen Softieavalon eines Fotostudios - das macht Spaß und ist nicht so Techno-Turnschuh-T-Shirt-Style wie meistens im E-Lager ... klasse. Hoffentlich bleiben die beiden Diven jetzt mal eine Weile beieinander und arbeiten konzentriert weiter. Denn dann sind die herbei gesehnten (noch) besseren Zeiten mit Sicherheit im Anmarsch.

Trackliste

  1. 1. Queen Of Bang
  2. 2. 25 Reptile
  3. 3. Making A Slip
  4. 4. Better Times
  5. 5. Dreams,Drugs,Nightmares
  6. 6. Triumph Of Flesh
  7. 7. Wild Romance
  8. 8. Sick At Heart
  9. 9. Come And Get Me
  10. 10. Betting On The Muse
  11. 11. Inspiration

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