laut.de-Kritik
Immer schön ruhig bleiben.
Review von Simon ConradsHand auf's Herz: Wirklich spannend war Damien Jurado zuletzt 2016, als "Visions Of Us On The Land" mit Unterstützung von Richard Swift seine "Maraqopa"-Trilogie beschloss. Damals lieferte er Folk und Americana, experimentierfreudig, mit Hang zum Düsteren. Der große Durchbruch gelang dem notorischen Geheimtipp allerdings auch damit nicht. Wie ein letztes Aufbäumen, der letzte Versuch den Underdog-Ruf abzustreifen, kann man das Album nun betrachten, denn seither frönt Jurado einem gänzlich auf Unaufgeregtheit gepegeltem Folk-Sound. Schon auf "The Horizon Just Laughed" perfektionierte er das, der gewagteste Schritt seither war wohl das komplett autark aufgenommene "In The Shape Of Storm". Die Platte klang letztlich aber auch nur wie eine abgespeckte und melancholischere Version des Vorgängers.
Auf "What's New, Tomboy?" folgt nun mit "The Monster Who Hated Pennsylvania" das vierte Album in dieser Entschleunigungs-Reihe. Klanglich überrascht hier nichts, aber Jurado beherrscht seinen musikalischen Jargon so gut, dass "The Monster Who Hated Pennsylvania" dennoch über weite Strecken überzeugt. Es ist außerdem das erste Album, das auf Jurados eigenem Label namens "Maraqopa Records" erscheint.
"Helena" startet mit einer lässig angeschlagenen Gitarre, die gemeinsam mit einem launigen Basslauf und einem Shaker das Grundgerüst des Tracks ausmacht. Jurado streut darüber seinen angenehmen Säusel-Gesang, so läuft es über den Großteil des Albums. Gelegentlich gesellt sich ein Schlagzeug dazu, das allerdings recht unscheinbar bleibt. Teilweise wünscht man es sich etwas mutiger und auftrumpfender, etwa im ansonsten sehr angenehmen "Song For Langston Birch". Das Stück begeistert mit dem recht künstlich klingenden Orchesterbacking, das immer mal wieder anschwellt. In Kombination mit dem sonst sehr erdigen Sound funktioniert das insgesamt wunderbar.
Generell gelingen die stark reduzierten Tracks wie "Jennifer" zwar bestens, man freut sich aber auch immer wieder über Gastauftritte weiterer Instrumente, etwa das Glockenspiel in "Dawn Pretend", das entspannt von leise trippelnden E-Drums angeschoben wird und nach einem verträumten Strandtag klingt. "Tom" hingegen gerät etwas zu behäbig und antriebslos und versackt so gegen Ende in seiner Ruhe. Auch das minimalistische "Minnesota", das Erinnerungen an "In The Shape Of A Storm" weckt, hätte etwas mehr Dynamik vertragen können.
Auffallend ist in dieser Hinsicht das fast sechs Minuten lange "Johnny Cavella", das mit der "Maraqopa"-Reihe entfernt verwandt scheint und im Vergleich zum Rest des Albums mit seinen flächigen Synths und Tom-lastigen Drumbeat krachig wirkt. Im Klimax des Stücks lässt sich selbst Jurados Stimme gehen, wird kratzig und rau, wie man sie sonst nicht kennt. Er adressiert hier einen Johnny, singt aber abstrakt: "I was tired, I was weak, and my jaw nearly broke / As I exited north, the radio spoke / All is not lost even if you're without a direction". Ein gelungener Versuch auf diesem Album, das insgesamt so brav bleibt.
Der schönste Song des Albums und überhaupt das Highlight ist aber "Hiding Ghosts", das ganz nachdenklich erscheint und mit seinem zarten Gitarrenspiel besticht. Der Text dazu bleibt unpräzise, aus ihm spricht aber eine große Melancholie: "Matchbooks and the hidden car keys / Take off your shoes when you come in / I make excuses for the bad talk / No word is ugly when you speak". Insgesamt funktioniert Jurados Gelassenheits-Schiene also weiterhin, der ein oder andere Ausbruch, die ein oder andere Überraschung täte dem Amerikaner aber doch langsam mal wieder gut zu Gesicht.
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