laut.de-Kritik
Willkommen zur "Dana-Gehirn-Party".
Review von Philipp KauseDana Gavanski hatte sich daran gewöhnt, mit Akustikgitarre oder Klavier zu komponieren. Für "Late Slap" nutzte sie hingegen Apple-Software. Das macht das Album jedoch bis auf den Opener kaum weniger ätherisch: Je mehr man in die vordringt, desto mehr machen sich Mittelalter-Bardin und zerbrechliche Elfe breit, desto mehr Tindersticks-Anmut füllt den Raum (der Opener). Bei "Ribbon" landet man tief im Dreampop. "Reiteration" wirkt dann wie repetitive asiatische Meditation. Mehr als das lässt sich aber nicht kritisieren: Die letzten beiden Stücke sind recht schlaftrunken, was im Dienste der Dramaturgie gewollt sein mag.
Die beiden bisherigen Alben Danas lassen sich dem Folkpop zurechnen. Sie erreichen aber ein weitaus kleineres Publikum als die Genre-Stars wie Amy MacDonald. Die interviewscheue Künstlerin kann man sich auch kaum in populären TV-Shows vorstellen, in Foto-Shootings für Frauenmagazine oder als Werbe-Maskottchen für Haarstyling-Produkte, wie es etwa Alli Neumann inzwischen handhabt.
Im Gavanski-Kosmos geht es ausschließlich um unverfälschtes Gefühl und ein zurückgezogenes, auf Perfektion bedachtes Arbeiten statt Industrie-Marketing und Tamtam. Trotzdem begleitet poppige Eingängigkeit jedes alternative Ausscheren und ihre Storytelling-Authentizität. Die schnuckeligen Stücke sausen mühelos beim ersten Hören ins Hirn und bleiben da.
Subtile Botschaft inklusive: "Late Slap" ist als Ohrfeige zu verstehen, um aufzuwachen - Gavanski spürt, dass etwas in unser aller Alltag nicht stimmt. "Die meisten Menschen wissen die meiste Zeit nicht, wovon sie reden, und doch sprechen sie so leidenschaftlich und kämpferisch, was die Kluft oft noch vertieft", kommentiert der Pressetext. Die Platte soll demnach einen Ruck, für mehr Menschlichkeit, Vertrauen und Offenheit, bewirken.
Post-Punk-Riffs und Synth-New Wave-Loops mit sphärischen Strecken zu kontrastieren, ist ein cleverer Move in "Song For Rachel" und "Ears Were Growing". Unterstützung bei diesen mitunter ungewöhnlichen Kreuzungen, die so sonst fast nur in der Welt David Byrnes vorkommen, erhielt Gavanski von Mike Lindsay, bekannt als Arbeitspartner Laura Marlings.
Die Art, wie die kanadisch-serbische Wahl-Londonerin intoniert, holt das Märchenhafte Kate Bushs wieder etwas hervor, sie leistet sich aber auch Brüche im Flow. "Song For Rachel" ist ein schönes Beispiel dafür, wie Danas Stimme quasi weiche Pastellschattierungen, schrille Neon-Töne und kühle metallische Anstriche vereint und so Sarah McLachlan beerbt, man beachte auch das großartige "Let Them Row".
Genau um diese Vokal-Kontraste geht es der Künstlerin auch selbst. Ihr Anliegen: "Gesanglich die verschiedenen Anteile meiner Persönlichkeit zu verkörpern, die manchmal widersprüchlich wirken mögen, in der Wirklichkeit aber alle zusammen in einer seltsamen Dana-Gehirn-Party existieren. Statt also meinen eigenen Neurotizismus zu unterdrücken, wollte ich erforschen, wie das Ganze durch das Medium meiner Stimme klingen könnte, während ich zwischen verschiedenen musikalischen Stimmungen springe: Bouncigere Nummern neben gefühlvollerem Slow-Pop."
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