laut.de-Kritik
Laura Marling überzeugt auch im fremden Sound-Umfeld.
Review von Simon ConradsWenn Laura Marling am Ende dieses Albums mehrfach "Lump is the product" haucht, dann erschließt sich erst nach und nach, was damit gemeint sein könnte. Es geht weniger um das Produkt im wirtschaftlichen Sinne, sondern um die mathematische Bedeutung. Hier werden mehrere Faktoren vermengt, multipliziert und am Ende ergibt das: Lump. Grob gesagt sind die beiden Faktoren die bereits erwähnte Laura Marling und der Klangtüftler Mike Lindsay, die bereits 2018 für das erste gemeinsame, gleichnamige Album als Lump zusammenfanden. Schon damals gelang die Kombination aus Lindsays kaum greifbarer Folktronica und Marlings erdendem Gesang, auf "Animal" knüpfen die beiden nun recht nahtlos daran an.
Wo Marling auf dem Debüt noch vom "Manifest des Surrealismus" beeinflusst war, habe sie sich diesmal mit der Psychoanalyse beschäftigt. Letztlich bleiben die Lyrics aber sehr abstrakt, sind mehr stream of consciousness als von langer Wortarbeit geprägt. Das liegt vornehmlich an der Produktionsweise des Duos. Marling kam demnach vollkommen unvorbereitet an und sang spontan über die bereits vorbereiteten Instrumentals. Dabei lassen Lindsays fast gespenstische Kompositionen immer viel Platz für ihre immer noch mitreißende Stimme.
Wie sie dem Under The Radar Magazine im Interview verraten hat, nahm auch sie die Aufnahmen für "Animal" als sehr befreiend war, fanden sie doch parallel zur Produktion ihres letzten Albums "Song For Our Daughter" statt. Während sie für ihre eigenen Alben konkrete Sprachbilder malen würde, ginge es bei Lump um das Zufällige. Für den Song "Oberon" zerschnitt Lindsay folgerichtig einen bestehenden Text von Marling und setzte die Passagen willkürlich wieder zusammen. Selbst wenn es also thematisch keinen roten Faden gibt, bieten Musik und Gesang genug Kohärenz, um das Produkt Lump zusammen zu halten.
Dabei können verträumte Stücke wie das melancholische "Red Snakes" wunderbar neben poppigeren Stücken wie "Climb Every Wall" stehen. Ersterer wird musikalisch getragen von minimalistischem Klavierspiel und einem teilweise disharmonischen Soundscape, hier kann Marling mit ihrem intimen Gesang besonders glänzen. Bei "Climb Every Wall" begeistert vor allem der an die jüngeren Black Keys-Alben erinnernde Bass. Lindsays Kompositionen überzeugen generell dadurch, dass sie nie überladen wirken, selbst wenn recht viel passiert. "Bloom At Night", der charmante Opener, startet mit einem Synthie, wird dann mit sphärischen Sounds unterfüttert, bevor Marlings Gesang als zentrales Instrument des Stücks auftritt. Später gesellen sich noch Drums dazu und runden den Track sympathisch ab.
"Gamma Ray" gefällt in seinem düsteren, skeletthaften Auftreten. Über lange Zeit spielen hier nur knallige Drums und ein sehr simpler Basslauf. Der Titeltrack ist eines der Highlights, weckt aufgrund des treibenden Drumbeats Erinnerungen an "Curse Of The Contemporary" vom Vorgänger, setzt aber auf eine Synthie-Melodie im Mittelpunkt. Weitere Höhepunkte sind gegen Ende "We Cannot Resist" und "Phantom Limb". Während "We Cannot Resist" dank der smoothen Gitarrenriffs und einer guten Hook das eingängigste Stück der Platte darstellt, fährt "Phantom Limb" zum Abschluss noch mal runter. Im 7/4-Takt umspielen sich zwei Gitarren, die Britin haucht darüber. In der Mitte geht das Lied in die Album-Credits über, von der Sängerin vorgelesen, an deren Ende die eingangs erwähnte Phrase steht. Laura Marling gefällt im Lump-Kontext besonders gut, weil sie in einer recht fremden Klangumgebung auftritt, die man sich auf ihren Solo-Alben schwer vorstellen kann.
1 Kommentar mit einer Antwort
gefällt mir!
Jau ebenso. Erinnert mich vom Sound ein wenig an Neon Golden von The Notwist