laut.de-Kritik

Die Schweden illustrieren den Doomsday der Menschheit.

Review von

Persönliche Verluste, Kriege, eine Pandemie - seit dem letzten Album von Dark Tranquillity hat sich einiges angesammelt. Damit räumen Fronter Mikael Stanne und Co. auf "Endtime Signals" auf. "Wir zerstören unser Leben, unsere Welt, unsere Atmosphäre und unsere Lebenswirklichkeit. Es ist heutzutage so schwer, miteinander auszukommen und sich auf Dinge zu einigen", beschreibt der Sänger seine Sicht des Status Quo in einem Statement. Anlass zur Freude gab es auch im Kosmos der Melodic Death Metaller nicht: Im Januar 2022 verstarb ihr langjähriger Freund und Ex-Gitarrist Fredrik Johansson an seiner Krebserkrankung. Kein Wunder also, dass die Schweden auf "Endtime Signals" den Doomsday der Menschheit illustrieren.

Schon auf "Shivers And Voids" ziehen sie den Hörer mit ihrem genialen Songwriting in ihren Bann. Die fünf Musiker verstehen sich scheinbar blind. Die progressiven Riffs, das wohlüberlegte, dynamische Drumming und die Vocal Lines greifen wie Zahnräder ineinander. Das Wichtigste: Bei allem Technischen verlieren sie die Emotionen nicht aus den Augen. Hiernach würden wohl die Wenigsten darauf tippen, dass sie erst seit Kurzem in dieser Konstellation zusammenarbeiten (Bassist Christian Jansson und Drummer Joakim Strandberg Nilsson sind zum ersten Mal mit von der Partie).

Wenig verwunderlich stecken viele Stunden an Arbeit hinter diesem und den elf weiteren Songs. Sie hätten die Lieder wieder und wieder überarbeitet, beschreibt Stanne den Weg zum fertigen Produkt. "Unsere Arbeit ist sehr nuanciert, vor allem bezüglich der Riffs, wo sich die Soli einfügen und wie die Keyboards im Kontrast klingen. Das hat eine Menge Zeit gekostet", erklärt der Fronter.

Die Investition hat sich hörbar gelohnt. Auf Wolke sieben schweben Liebhaber des melodischen Metal-Subgenres spätestens ab dem Refrain von "Unforgivable". Wer solch eine hymnische Klimax komponiert und mit einer peitschenden Strophe verbindet, dem gebührt alle Ehre. Mehr braucht es nicht zum Glücklichsein an grauen Tagen.

Diese Stimmung blasen sie kurz mit der fröhlichen Kombination aus Gitarre und Synth auf "Neuronal Fire" weg. Der zumindest positive Sound (man ignoriere die Lyrics) hält allerdings nicht lange an. Die Musik unterstreicht die in den Texten verarbeitete Idee, dass die Menschen unbedeutend für die Welt sind. "We're equal to / The dust in our eyes / The mindless noise we are", kommt Stanne schon früh zu einem Fazit. Nihilismus par excellence. Den transportiert er erstmals auf dem Album zusätzlich mit Klargesang. Wer sich gänzlich der Melancholie hingeben möchte, sollte zu "One Of Us Is Gone" oder dem abschließenden "False Reflection" springen.

Nicht nur für solche Balladen mit Tiefgang muss man die Schweden lieben. Ebenso viel Applaus verdient das Drumming in "The Last Imagination" und der Aufbau in "Our Disconnect", in dem sie Keyboarder Martin Brändström die Leitung übergeben. Auf "Wayward Eyes" gibt er sie noch nicht ab - zum Glück. Brändström zaubert er schöne Synth-Momente, die jedoch wenig aufdringlich sind und so zum heimlichen Star des Songs werden.

Was soll ich sagen: Dark Tranquillity machen ihrem Ruf alle Ehre. "Endtime Signals" ist ein von vorne bis hinten stimmiges Werk mit vielen Highlights und nahezu keinen nennenswerten Schwächen (gut, "A Bleaker Sun" hat mich persönlich nicht so gepackt, aber man findet immer etwas zu meckern, Berufskrankheit). Klar ist: Bis zum Ende der Menschheit wird man kein schlechtes Album von den Schweden hören.

Trackliste

  1. 1. Shivers And Voids
  2. 2. Unforgivable
  3. 3. Neuronal Fire
  4. 4. Not Nothing
  5. 5. Drowned Out Voices
  6. 6. One Of Us Is Gone
  7. 7. The Last Imagination
  8. 8. Enforced Perspective
  9. 9. Our Disconnect
  10. 10. Wayward Eyes
  11. 11. A Bleaker Sun
  12. 12. False Reflection

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