laut.de-Kritik
Ein Meisterwerk der Melancholie.
Review von Hagen WäscheHeute schon aus dem Fenster geschaut? Ja, das Trauerspiel in Regen, Nebel und Kälte ist gemeint. Wenn es draußen nicht zum Aushalten ist, bleibt man lieber drinnen sitzen und bläst bei Gelegenheit ein wenig Trübsal. Genau dann ist "Cago" von Dead Man Ray angesagt. Hier kommt die Platte zum Wetter!
Das dritte Album der Antwerper ist ein Meisterwerk der Melancholie geworden. Bittersüße Melodien steigern sich in einen psychedelischen Albtraum und enden in traurig schönen Klangbildern, die einem Film entsprungen sein könnten. Zehn Songs erzählen von verblassenden Erinnerungen, gefallenen Engeln und der dunklen Schönheit des Seins. Dan Stuyvens einfühlsamer Gesang mit sonorer Stimme trifft den Ton und wirft einen Ohrwurm nach dem anderen aus. Virtuose Begleitung findet Stuyvens in seinen vier Mitspielern, die ihr Können vor allen Dingen in zurückhaltenden, teils minimalistischen Arrangements zeigen.
Der sehr präsente Bass groovt und avanciert häufig zum Melodieführer, während die jazzigen Drums für einen mitreißenden Flow sorgen. Darüber legen Gitarre und Keyboards meist variantenreiche Tonkollagen, die von rockigeren Parts unterbrochen werden. Häufig erinnert ihr Sound an deutschen Elektro-Pop, aber Dead Man Ray gehen weiter. Immer wieder kommen sie zurück zu bodenständigen Rock, variieren Jazz-Elemente und dramatische Theatralik und schrecken auch nicht vor einer Spoken Words-Variante zur klassischen Bach-Melodie zurück ("Blue Volkswagen 10.10 AM").
DMR ziehen ihren zurückhaltenden, dunklen Stil konsequent durch. Oft steigern sie sich zu dem Punkt, wo eigentlich der musikalische Ausbruch anstehen würde, um dann doch wieder ins vorherige Muster zurückzufallen. Was der Band als Stilmittel gefällt, gibt dem Hörer jedoch das Gefühl, hier wird ihm etwas vorenthalten. Zum Ende deuten DMR an, was noch in ihnen steckt, wenn sie die Fesseln der Zurückhaltung kurz ablegen ("Need und Losing the Lost"). So aber ist "Cago" eine sehr gute Scheibe, die allerdings nur für trübseligere Momente richtig geeignet ist.
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