laut.de-Kritik

Chers Sprössling macht auf Marilyn Manson.

Review von

Man lässt sich ja auch als Redakteur von gewissen Informationen vorab ein wenig beeinflussen. Wenn also ne Band Deadsy heißt, mit so nem Cover ankommt und der Kopf der Band auch noch der Sprössling von Cher ist, dann geht man schon mit einer gewissen Erwartungshaltung an die Sache ran. Und die ist jetzt nicht unbedingt übermäßig hoch.

Vollkommen zu Unrecht, wie schon nach den ersten Tönen von "Razor Love" festzustellen ist. Die tiefe, charismatische Stimme von Exeter Blue klingt einfach nur angenehm und cool in den Strophen und findet auch in den Refrains das richtige Maß an Melodie. Ein wenig erinnert der Mann an Marilyn Manson, ohne dabei dessen psychotisch-nervende Elemente zu strapazieren. Das geht direkt ins Ohr und lässt den Huf angenehm zucken. Direkt anschließend das balladeske "Carrying Over" zu bringen, ist vielleicht ein wenig gewagt, geht aber auf.

"Babes In Abyss" mag dem ein oder anderen vielleicht ein paar 80er Jahre-Synthie Pop-Reminiszenzen zu viel mitbringen, dennoch belegt auch dieser Song das Talent der Band, griffige Melodien zu verbraten. Es mag an der aktuellen Werbung für einen Telefonanbieter liegen, aber "Paint It Black" von den Rolling Stones kann ich momentan echt nicht mehr hören. Vor allem nicht, da Deadsy dem Song eigentlich kaum was neues hinzufügen und die Nummer größtenteils im Original belassen. Wenigstens leisten sie mit dem fast schon finnisch anmutenden Melancholiebatzen "Better Than You Know" Wiedergutmachung.

Die Glanzleistung folgt aber mit dem einfach nur arschcoolen "Book Of Black Dreams", das mindestens so groovt wie die sträflich unterschätzten The Union Underground mit "An Education In Rebellion". Die Nummer legt einen Drive vor wie keine andere und ist definitiv komponiert für Leute mit Cowboyhüten, Sonnenbrillen und ner Karre mit ein paar PS. Das anschließende "Asura" schwelgt genau wie "The Last Story Ever" und der Titeltrack wieder in süßer Melancholie und diversen ausufernden Synthieteppichen.

Allerdings kommen die extrem tief gestimmten Gitarren dabei nie zu kurz, auch wenn der Sound deutlich mehr drücken dürfte. Ein wenig rockiger geht es nochmal bei "Time" zu, allerdings sind die Nu Metal-Riffs natürlich Geschmacksache. "Health & Theorie" bitet mit einer einprägsamen Klaviermelodie einen gelungenen Abschluss. Man sollte sich also tunlichst nicht von der billigen Aufmachung der Scheibe täuschen lassen und sich lieber fragen, warum das Album hier in Europa erst mit einem Jahr Verspätung aufschlägt. Ihr Publikum werden Deadsy sicher bald finden.

Trackliste

  1. 1. Razor Love
  2. 2. Carrying Over
  3. 3. Babes In Abyss
  4. 4. Paint It Black
  5. 5. Better Than You Know
  6. 6. Book Of Black Dreams
  7. 7. Asura
  8. 8. Last Story Ever
  9. 9. Phantasmagore
  10. 10. Time
  11. 11. Health & Theory

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LAUT.DE-PORTRÄT Deadsy

Als Sprössling der Verbindung zwischen Cher und ihrem zweimaligen Ehemann Gregg Allman ist man nicht nur genetisch schon gewissermaßen vorbelastet.

1 Kommentar

  • Vor 17 Jahren

    Verstehe, die Erwartungshaltung war aufgrund dieser Voraussetzungen (sprich: Vorurteilen) gering. Hmmm, so gehts mir mittlerweile mit laut.de Kritiken auch :D

    Deadsy sind jedenfalls in Entwicklung begriffen. Und das kann man bei Gott nicht von vielen Bands dieses Genres behaupten. Mal sehen ob der europäische Markt schon reif für diese Band ist - ich wünsch es Ihnen jedenfalls!