laut.de-Kritik
Nach "Loveless" das nächste Shoegaze-Masterpiece.
Review von Christoph DornerIn Ermangelung neuer Acts ist man im traditionsreichen Indierock ja mittlerweile immer mehr dazu übergegangen, der Vergangenheit zu huldigen. So war es beinahe schon die aufregendste Nachricht des Jahres, dass My Bloody Valentine im Sommer für eine Tinitus-Tour zurückkehrten.
Dass Bradford Cox, Frontmann von Deerhunter aus Atlanta, jene Shoegazer-Heroen mag, ist unüberhörbar. Dass er aber in der Lage sein würde, 17 Jahre nach "Loveless" ein Meisterwerk aufzunehmen, dass zudem den Vergleich mit den definitiven Veröffentlichungen von Low oder Echo nicht scheuen braucht, ist eine kleine Sensation.
Dabei teilen Deerhunter weniger die kompromisslose Radikalität des MBV-Sounds als vielmehr das Verständnis, dass sich aus vordringlichem Gitarrenlärm letztlich doch immer Pop herausschälen lässt.
Bei Deerhunter lauern an allen Ecken und Enden Beach Boys-Harmonien, die durch einen breit angelegten und teilweise fragil-entschleunigten Kosmos aus Noise-, Slowcore-, Krautrock- und Psychedelic-Elementen gejagt werden.
So könnte das spröde "Little Kids" locker aus der Feder von Thurston Moore stammen, bis der Refrain Sonic Youth jubelnd davonstürmen würde. "Microcastle" und "Nothing Ever Happened" erinnern mit Stakkato-Schlagzeug und übersteuerten Panorama-Gitarren dagegen fast schon an die Doves, wären sie nicht so unbritisch. Und "Never Stops" ist der ultimative Kniefall vor Kevin Shields.
Selbst wenn das beigefügte Outtakes-Bonusalbum "Weird Era" für Leute verzichtbar ist, die sich nicht als absolute Fetischisten outen möchten: Wer im Plattenladen an Microcastle vorbeizielt, dem entgeht eine fette Beute. Gestern, heute und morgen.
1 Kommentar
Vielleicht ein geniales Album aber das Cover sieht dermaßen ...abartig aus...aber das wird wohl beabsichtigt sein. Dennoch würden mir Cover die ein wenig Stil und Klasse haben , mehr zusagen als ein Bild von einem Heroinsüchtigen Koffeinjunkie auf Natronentzug