laut.de-Kritik
Viel Rap, weniger Hardcore, mehr Metal.
Review von Emil Dröll"Das Wort steht für das nostalgische Gefühl, etwas Geliebtes verloren zu haben, und drückt oft das Unglück und das unterdrückte Wissen aus, die Sehnsucht nach dem Verlorenen niemals stillen zu können, da es wohl nicht wiederkehren wird." So definiert Wikipedia den portugiesisch-galicischen Begriff "Saudade".
Und tatsächlich: Deez Nuts machen weniger Party, Deez Nuts machen mehr ernst. Seit dem Vorgängeralbum hat die Hardcore-Band aus Down Under den Tod ihres Bassisten Sean Kennedy zu beklagen. Vielleicht auch deswegen versucht "Saudade" die Deez Nuts-Schublade zu durchbrechen.
Es steckt also mehr drin als wildes Pogen: Schwere und Veränderung. Der Opener "ICU" rappt sich trotzdem in bekannter Manier durchs Set, auf den Beatdown wartet man hier noch — der lässt sich aber bald blicken. Wut kommt in "Kill This Shit" auf: Deez Nuts machen ernst, und das spürt man.
"5 Gold Chains"? Prügelt wie früher, Gang-Shouts inklusive. Nur Sänger JJ Peters könnte ein bisschen mehr auf den Putz hauen – er geht zwischen den Gitarrenwänden etwas unter. "Russian Roulette" kommt dagegen schon fast poppig daher, Stadionrock zumindest in der Hook. "Uncut Gems" fährt einen Gang runter, nur um dann wieder auf volle BPM zu drehen: Deez Nuts sind mehr Metal denn je – und bleiben sich trotzdem treu.
"Miss Me With That" taugt für den Moshpit in kleinen Hallen. "Hang The Hangman" holt sich Andrew Neufeld von Comeback Kid dazu – tatsächlich bildet diese Kollaboration das Herzstück des Albums: Neufeld liefert die wütende Stimme, die hier ansonsten etwas fehlt.
"God Damn" zeigt direkt wieder eine Hook-lastigere Seite, "Give 'Em Hell" überzeugt mit solidem Gitarrenriff. "Cold Sweat" baut sich zum Schluss erst langsam auf, nur um nach 50 Sekunden erneut richtig loszupreschen: Neben "Hang The Hangman" ein weiteres Albumhighlight – einfach, weil der Track frischen Wind reinbringt, mit Chor, Hook und Stimmung zum Finale.
Was bleibt am Ende? Ein solides Album, nicht mehr, nicht weniger. Deez Nuts mixen, was das Zeug hält – aber sie dürfen das auch: viel Rap, mehr Metal, weniger Hardcore. Deez Nuts wagen Neues, ohne ihr Rezept zu verraten.


2 Kommentare mit 5 Antworten
Tja, wer dann eben MEHR Hardcore will, muss zu Turnstile gehen
Das Turnstile Album war zwar gut, ist aber auch schon wieder komplett verdaut und aus dem Kreislauf gespült.
recht so, war auch ziemlich epigonenhaft das ganze
Diese verdammten Epigonen, eröffnet das Feuer
Empfindet man eine diffuse Scham über die hardcorigen Hardcore-Turnstiles, weil einem das Zukunft-Ich subtil in die Gegenwart flüstert, dass man die Band in kurzer Zeit eh aufs "ferner liefen" - Abstellgleis abgeschoben haben wird? Vielleicht.
Und ja, ich weiß, ferner liefen-Abstellgleis ist ne redundante Metapher, aber ich bin müde.
Vielleicht komm ich auch einfach nicht auf die Authentizität von denen klar. Ich meine, hat es je trveren Hardcore gegeben...?
Wir machen uns doch schon seit Monaten darüber lustig
Turnstile Album ist gut für seine poppigen Strukturen und dezenten Härtegrade. Mit Hardcore hat das nichts mehr zu tun, auch wenn laut und andere Klatschbasen dies so noch labeln und promoten
Mal im ernst jetzt: Wann kommt die Review vom neuen Daniel Caesar Album?