laut.de-Kritik
E-Gitarren, Geigen und ganz viel Kerzenschein.
Review von Kai ButterweckWas haben Bands und Künstler wie Metallica, Kiss, Meat Loaf und Yngwie Malmsteen gemeinsam? Richtig, alle genannten Ikonen haben irgendwann einmal in ihrer Karriere mit einem kompletten Orchester zusammengearbeitet. Nun haben sich auch Def Leppard dazu entschlossen, E-Gitarren mit Geigen zu paaren und der Musikwelt zu zeigen, dass ihre Songs nicht nur im gewohnten Soundgewand funktionieren.
Gemeinsam mit dem Royal Philharmonic Orchestra haben sich Def Leppard eine ganz besondere Tracklist zusammengestellt. Klassiker wie "Photograhp" oder "Rock Of Ages" mussten aussortiert werden, da sie aufgepeppt mit Streichern und Bläsern "irgendwie komisch und albern" klangen, so Gitarrist Phil Collen. Auch der vielleicht bekannteste Song der Band, "Pour Some Sugar On Me", ließ schon während der Demoversion zu viele Federn, sodass man sich dazu entschied, aus dem Stadionrocker einfach eine reduzierte Ballade zu machen. Hierfür holte man sich die kanadische Sängerin Emm Gryner als Duett-Partnerin von Joe Elliot mit ins Boot – eine Entscheidung, die allen Kuschelrock-Fans ein breites Lächeln ins Gesicht zaubert.
Apropos Joe Elliott: In Zeiten, in denen Autotune, Backing-Tracks und Lip-Synching so hip sind wie Bubbletea-Partys in der City-Mall, lehnt sich der Leppard-Frontmann genüsslich zurück und überlässt seinem jüngeren Ich das Feld. Für einige Songs hat die Band einfach die alten Aufnahmen aus dem Archiv gekramt: "Für manche der Alben haben wir zwei oder drei Jahre gebraucht. Wir nehmen das doch nicht nochmal auf, denn die klingen gut, und die Leute mögen den Sound der Originale", erklärt Collen. Man mag von dieser Herangehensweise halten was man will. Fakt ist: Die Stimme eines Joe Elliott in seiner besten Zeit hat schon was – auch im Verbund mit den klassischen Arrangements eines kompletten Orchesters.
Schlussendlich gibt es nicht viel zu nörgeln. Einzelne Songs herauszupicken ergibt nicht viel Sinn, denn "Drastic Symphonies" präsentiert sich eher als Ganzes. Nicht sonderlich überraschend überwiegen die eher sanften und geschmeidigen Leppard-Momente ("Goodbye", "Love", "Kings Of The World", "Angels"). Auch den Vorzeige-Rocker "Animal" zwängen die Briten in ein rosarotes Tüll-Korsett. Da zieht der eine oder andere Kuttenträger dann doch die Augenbrauen hoch. Aber gut, es hätte wesentlich schlimmer kommen können. Wem das am Ende alles zu virtuos und weichgespült daherkommt, der kann sich ja ein Ticket für die kommende Stadion-Tour besorgen. Dort werden Def Leppard sicherlich ganz anders auf den Putz hauen.
1 Kommentar mit einer Antwort
Die Idee seine alten Tracks in orchestralem Gewand zu präsentieren ist ja nicht ganz neu, aber dann sollte man bitte alles neu einspielen und einsingen und nicht alte Gesangs- und Tonspuren verwenden und dann erwarten, dass die Band und das Orchester zu einer Einheit verschmelzen. Man hat dadurch bei jedem Track den Eindruck, dass das Orchester und die Band in unterschiedlichen Räumen aneinander vorbei musizieren. Das Album ist für mich die absolute Vollkatastrophe und funktioniert überhaupt nicht.
Herzlichen Glückwunsch! Eine kurze Online-Recherche ergab bloß Hotelangebote in Indien statt zufriedenstellender Beispielmusik. Ich werde also das nächste freie Wochenende für die Produktion eines amtlichen Aloha-Goa-Tracks nutzen müssen.