laut.de-Kritik
Zum Glück hab' ich keine Kinder.
Review von Dani FrommZum Glück hab' ich keine Kinder. Ich muss mir also keine Gedanken machen, ob nicht eigentlich erhebliche Gemeinheit darin steckt, die eigene Brut mit Deine Freunde-Hip Hop zu sozialisieren. Eins erscheint mir gewiss: Jungen Menschen, die den Erstkontakt über dieses Trio knüpfen, steht ein ganz schöner Ernüchterungsschock bevor.
Deutscher Rap ist oft gar nicht so fett produziert? Viele erfolgreiche Rapper flowen nicht ansatzweise so lässig? Und die meisten Texte im Deutschrap sind nichtssagender, langweiliger und klischeebeladener als alles, das Deine Freunde im Gepäck führen? Yo, Kinder aller Altersstufen, ich sag's mal mit den Trailerpark-Buben: Das Leben ist kein Tanzverein.
Harte Realitäten schlagen einem noch früh genug ins Gesicht. Genießt also die Zeit in diesem herrlich kunterbunten Wolkenkuckucksheim, und lasst euch bloß von niemandem den Bären aufbinden, Musik, die für eine verflixt junge Zielgruppe geschaffen wurde, müsse zwangsläufig uncool sein.
Deine Freunde haben den Gegenbeweis längst erbracht, wieder, wieder und wieder. Mit "Keine Märchen" setzen sie das ebensolche nahtlos fort. Das funktioniert auch diesmal wieder aus haargenau den gleichen Gründen wie auf den drei Vorgängeralben: Diese Jungs lieben ihr Publikum, und sie lieben Hip Hop. Aus tiefstem Herzen.
Wer seine Hörerschaft liebt, nimmt sie ernst. Schreibe ich bei jeder Deine Freunde-Platte, stimmt auch bei dieser wieder. Kindgerechte Themen zu servieren bedeutet halt nicht, dass man in Dutzidutzi-Verdumm-dein-Gegenüber-Sprech abkippen muss. Im Gegenteil: Auf dieser Platte kannste auch noch was lernen. Zum Beispiel, wie man "Fontanelle" buchstabiert - und was zum Teufel das überhaupt ist.
Each one teach one: Deine Freunde erklären im Vorübergehen Sinn, Zweck und Vorgehensweise beim "Soundcheck", entlarven die Erwachsenendrohung "Mein Lieber Freund, Ich Zähl Bis Drei" als so leer, wie die ständig wiederholte Phrase "Du Bist Aber Groß Geworden" hohl ist, und befassen sich mit der endlosen Gruseligkeit von Märchen: "Schlimmer als beim 'Bachelor'! Doch die abgestumpfte Jugend schieben sie auf Rapper."
"Dieses Lied ist leider traurig." Kein Wunder: "Matsch" befasst sich mit Verlust, Abschiednehmen und dem Herauswachsen aus möglicherweise lieb gewonnenen Gewohnheiten. Angesichts des wunderbar schwelgenden Walzertakts und der herrlich cheesy geratenen Hook verzeihe ich den ausgelutschten Gewitterregen, der im Hintergrund niedergeht. Neben der Kinderstimme in "Nervig": tatsächlich das einzige Element, das dieses Attribut eventuell verdient hat.
Explizite Liebeserklärungen stecken in "Unsere Fans" und, noch herzzerreißender, in "Ich Und Mein Brudi". Wer einen hat, versteht. Wer einen hatte, sollte aufpassen, nicht in Rotz und Wasser zu zerfließen. Obacht, hier. Ganz dünnes Eis.
Die Liebeserklärung an den Hip Hop springt aus den unzähligen Zitaten und Querverweisen, dem Namedropping und den Samples. Wer mag, kann diese Platte auch gleich zum Anlass nehmen, den Nachwuchs über Chief Keef, Marterias "Kids" und Shindys "Stress Ohne Grund" aufzuklären. Oder um gemeinsam R.A. The Rugged Mans "The People's Champ" zu hören oder mal wieder "Star Wars" oder "Die Ritter Der Kokosnuss" zu gucken und auf den Ah!-Das-kenn-ich-doch-Moment zu warten.
Oder man lässt sich einfach reinfallen, in den restlos satt ausproduzierten Sound. Bratzende Bässe allüberall. "Du Bist Aber Groß Geworden" regiert ein reduzierter, elendiglich funktriefender Groove. "Ay-ay-ay-ay-ay!" grölt dem Dancehall-Brett "Mein Lieber Freund, Ich Zähl' Bis Drei" südamerikanischen Party-Vibe ein. "Nix Passiert": feinster Synthiepop. "Fontanelle": astreiner Schlafzimmer-R'n'B. "Ich Sags Gleich" pumpt in bester Disco-Pogo-Manier. "Mecker": im Grunde ... irgendwie ... Horrorcore?
Ja, das kann man Kindern alles zumuten. Verkraften sie bestimmt besser als die traurige Erkenntnis, dass diese Platte keinen tauglichen Maßstab für die Qualität von deutschem Hip Hop liefert. Wenn allerdings eine ganze Generation hiermit imprägnierter Nachwuchs-Kopfnicker irgendwann den Markt überrollt, besteht wahrlich noch Hoffnung.
1 Kommentar mit 7 Antworten
Vorhin mal ein Lied bei yt angemacht. Der Kleinen gefällt's! Naja, besser als Giraffenaffen usw.
Bisher musste sie aber hauptsächlich meine Sachen hören. Egal, selbst dabei lächelt und tanzt sie
Giraffenaffen vs. Hirntot.
Ohne scheiß, sie liebt Blokk's bzw generell tiefe Stimmen. Auf lautes Ht hören muss ich ab jetzt wegen der Texte verzichten Die Kleine fängt nämlich langsam an die ersten Worte zu brabbeln/sprechen, da muss man verdammt aufpassen Sonst zitiert sie nachher HT Texte in der Kita
Ich darf genau aus diesem Grund seit n paar Wochen auch die Alben von Frauenarzt/Taktloss nicht mehr hören.
Das Deine Freunde Ding ist aber echt ganz nice. Da hat Töchterchen auf jeden Fall Spaß dran.
Ich bin auch sehr froh, dass es die gibt. Wir haben so viele Kinder CDs die einfach aufs billigste produziert werden (ein keyboard für alles) oder es gibt Rolf zuckowsky, der ist aber auch nicht gerade das gelbe vom Ei. Somit bin ich froh, dass die diese Lücke entdeckt haben und diese auch sehr gut ausfüllen.
Den ersten Satz der Review finde ich irgendwie komisch...muss ja jeder selbst wissen. Ich war kein sehr guter Schüler, Ausbildung halt gemacht( Sogar ein guter Abschluss) und der Beruf ist halt da um Geld zu verdienen....Traumberuf? Ähh,
ne.. Meine neue Aufgabe: Vater sein
Ich bin selbst überrascht wie krass ich mich wegen der Kleinen verändert habe. Klar, ich bin bestimmt nicht der beste Vater, aber selbst meine Freundin ist zum Teil echt verwundert
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
Ich bin und werde bestimmt nie ein gutes Vorbild sein , aber ich werde mein bestes tun