laut.de-Kritik
Die Bay Area liegt nun in Nordrhein-Westfalen.
Review von Michael EdeleAua, das tut schon mehr als nur ein wenig weh. Nicht nur, dass das Cover schlechter und peinlicher als so ziemlich alles ausfällt, was mir die letzten paar Jahre untergekommen ist. Auch das Intro mit Darth Vaders kleinem Bruder lässt nicht unbedingt Großes erwarten. Ist ja ok, wenn man auf die 80er Jahre mit all ihren Klischees steht, aber man muss es doch nicht übertreiben, oder?
Wenn man nämlich nicht weiß, was für ein oberamtliches Thrash-Brett Delirious fahren, mag man sich von sowas vielleicht abschrecken lassen. Das wäre allerdings mehr als nur ein bisschen ärgerlich, denn das Quintett aus Hamm ist schon seit über 15 Jahren ein Garant für erstklassigen Thrash Metal mit massiver Bay Area-Schlagseite. Wenn das neue Abandoned-Label Werbung macht, dass die Bay Area seit neuestem in Hessen liegt, dann möchte ich mal wissen, was in Nordrhein-Westfalen abgeht.
Dort holzen nämlich Delirious immer noch dicht auf den Spuren von Bands wie Forbidden, Heathen, Testament und Exodus. Waren die ersten drei Scheiben der Jungs um Frontklops Markus 'Betty' Bednarek schon nicht von schlechten Eltern, so pfeffert "Made For The Violent Age" wirklich voll auf die Zwölf. "Triple Six" geht von vorne bis hinten ab und Betty setzt noch primär auf derbe Shouts und eine sehr raue Singstimme.
Schon deutlich mehr Abwechslung bringt er bei "I Am The Enemy" ins Spiel und erinnert stellenweise an den alten Mekong Delta-Shouter Doug Lee. Dass es die Instrumentalfront mit kernigen Riffs und endgeilen Soli so richtig knallen lässt, muss ich wohl nicht extra erwähnen. Auch "Sleep In Peace" stampft nochmal kraftvoll durch die Speaker, bevor in der Midtempo-Nummer "Sleep In Peace" zum ersten Mal auch die akustischen Gitarren Platz bekommen und sich Betty variabel wie selten zeigt.
Deutlich heftiger preschen danach wieder "Idiot Nation" und "Blood Begins To Freeze" los, wobei man Betty für letzteren Song mal auf die Nuss geben muss. Hallo? Schon mal was von "ti eitsch" gehört? Das geht ja wohl gar nicht im Chorus, vor allem bekommt man sowas nie mehr aus den Löffeln. "Hatetrader" drosselt das Tempo in der Strophe wieder ein wenig, kommt dadurch aber umso brutaler rüber. Vor allem der ruhige Mittelteil mit den vereinzelten Streichern ist nicht uninteressant.
Mit der Ballade "My Friend" muss man sich erst mal anfreunden, da man mit sowas von Delirious einfach nicht rechnet. Dabei ist das Teil alles andere als schlecht oder kitschig. Aber was soll's, "Down On Myself" zieht einem direkt im Anschluss wieder in bester Exodus-Manier das Fell über die Ohren. Ehe man sich wieder auf heftige Thrash-Gewitter freut, streuen Delirious einfach mal kurz ein akustisch-instrumentales Intermezzo namens "The Sky Turns Red" ein.
Als eigentlichen Schlusspunkt setzen sie sich mit "Ragers Elite" ein eigenes knackiges Denkmal, bevor sie sich noch an Iron Butterflys "In A Gadda Da Vida" vergreifen. Da ich mit dem Stück weder im Original, noch in der Version von Slayer was anfangen kann, will ich mich dazu mal nicht weiter äußern. Unterm Strich bleibt "Made For The Violent Age" jedenfalls ne richtig geile Thrash-Scheibe und sollte trotz des dämlichen Covers nicht im CD-Regal verstauben.
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