laut.de-Kritik
Generalprobe für den Schlager-Grand Prix.
Review von Marc WinkelmannDas also ist unser Mann für Riga. Wenn es nach der FAS geht freilich. Ein paar gewitzte Redakteure der Frankfurter Sonntagszeitung planen nämlich, den Jungen mit der Gitarre nächstes Jahr in die lettische Hauptstadt zu schicken. Der FAS-Abgesandte soll uns dann, gewissermaßen als intelligenter Vertreter einer neuen Generation deutschsingender Liedermacher, beim Schlager-Grand Prix im Mai 2003 vertreten.
Wenn er den Vorausscheid gewinnt, natürlich. Ein wenig ärgerlich ist die Meldung schon, wird man dieses Mal doch wesentlich früher als sonst üblich mit diesem Eurovisions-Contest belästigt. Und man möchte sich auch gar nicht ausmalen, wen die Bild-Zeitung, dieser notorische Grand Prix-Berichterstatter, als Konkurrenz antreten lassen könnte.
Vorstellbar ist das aber schon: "DJmdG", wie er sich selber nennt, tritt in Riga an. Ein paar hübsche Songs hat er für sein Debutalbum ja auch schon eingespielt. Leicht verdaulich geht es los. Platte eingelegt und angeschaltet und nach wenigen Umdrehungen ist man in der Lage, "Voilà Debut" oder "Bin Ich Jesus" mitzusingen. Das ist einfacher und reduzierter aber oft deswegen guter Gitarrenpop, nie schrammelig oder grölend, immer sommerlich und unbeschwert. Erst danach beginnt man, den Texten mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Und stellt fest: Ganz smart, was der ehemalige Werber und reife Junge da aufgeschrieben hat. "Hallo Worum Gehts Ich Bin Dagegen", "Ich mag sie nicht zu knapp", "Ich habe AIDS, ich habe Tripper - und in meinem Fuß nen Splitter" oder "Hemmungsloser Sex, kleine Spielchen mit der Flex" aus der erfolgreichen Single "Meer Sehn" gehören zu den schönsten Liedzeilen des Jahres. Zu den guten Songs gehört zweifelsohne auch der Beziehungsmelancholiker "Du Weinst", ein Song wie Seide, der bei schlechter und auch bei guter Laune funktioniert.
Mit Fortschreiten der Platte nimmt der Wohlfühlfaktor allerdings ab. Tobias Schacht singt wahlweise auch mal auf Englisch ("Ya Ya"), was naturgemäß weniger souverän wirkt, greift gemeinsam mit DJ Rabauke von Eins Zwo in "Oh Jamaica" auf Hip Hop-Beats, Reggae- und Ska-Einflüsse zurück und wird im "Hidden Dreck", den er "Ficken Fürs Volk" betitelt, noch einmal pubertär. "Ich hatte das Bedürfnis, Sexualität in rein mechanischer Form darzustellen", kommentiert der Schreiber seinen eigenen Song.
Das aber ist einfach nur überflüssig und schade. Zudem drohen manche der eingängigen Melodien, einen bisweilen wie lästiges Kaugummi zu verfolgen. Doch vielleicht verhält es sich mit dieser Platte wie mit Liveauftritten. Über die sagt Tobias: "Das Schönste an Gigs ist die Chance, ein richtig guter Musiker zu werden." Es ist noch alles drin. Auch für den Grand Prix.
1 Kommentar
Jetzt geht er als Graf F*cken in die Charts, und zwar mit dem Song F*cken fürs Volk (http://bit.ly/7UOgx1)