laut.de-Kritik
Pogo, Pop und Prog satt.
Review von Yan TemminghoffDas musikalische Chamäleon Devin Townsend liefert mit "PowerNerd" ein bekömmliches Exponat ab, das weder sein bisheriges Schaffen unberührt lässt, noch einen besonders ausgefallenen Umweg darstellt. Die kanadische 'ein Mann-Institution' folgt der Intuition und bringt in 40 Minuten und elf Songs auf den Punkt, wofür es in der Vergangenheit ein Konzept über ein Kaffee-schlürfendes Alien gebraucht hat bzw. vier Alben in unterschiedlichsten Stilrichtungen, die 2009 ("Addicted", "Ki") und 2011 ("Ghost", "Deconstruction") erschienen sind.
Am ehesten lehnt sich der Multiinstrumentalist an die Ausrichtung des Devin Townsend Projects an ("Epicloud"). Episch und laut: Die Breitwand-Riffs, sphärischen Soundscapes und der Hook-lastige Refrain fokussieren das Herz. Das Hirn hat Pause, zumindest, wenn der Hörer noch das Progfeuerwerk "Empath" in den Ohren hat.
Der Titeltrack "PowerNerd" dreht die Regler auf elf und geht voll auf die zwölf, bevor die SloMo-Hymne "Falling Apart" richtig schön auf die Bremse tritt. "Graditude" wäre in einer Welt ohne Pop-Sternchen die Alleinherrscher-Hitsingle in der Airplay-Dauerrotation. Ähnlich viel Zucker gibt es bei "Ubelia" und "Younger Lover", während "Jainism" mehr der Härtner-Fraktion Zunder gibt.
Die letzten drei Songs lassen dann die Experimentierfreude Townsends aufblitzen. "Glacier" bringt mit klirrend kalten Sounds die Seele zum Schmelzen. "Goodbey" hat Epik und Dramatik gepachtet. Und da wäre noch "Ruby Quaker", ein Stück, das als lässige Country-Nummer beginnt und im Extrem Metal-Inferno endet, eine Spielart, die der Tausendsassa mit Strapping Young Lad in seinem Werk etabliert hat. Canadas finest Prog-Export kann nicht nur Pop, sondern auch Pogo - und das in einem verdaulichen Format. Wohl bekömmts!
1 Kommentar mit 7 Antworten
Hab nie ganz verstanden, warum der auf laut.de so beliebt ist. Bin Prog ja grundsätzlich erst mal wohlgesonnen, aber da fremdschäme ich mich zuverlässig jedes mal schon nach wenigen Takten.
bin als fan seiner frühen sachen auch sehr beschämt über seine entwicklung. oh, well.
Danke für den Tipp, bei nächster Gelegenheit schmeiß ich mal was Älteres an!
Zum Einstieg empfehle ich diesen Song:
https://youtu.be/DrDM6V08wcE?si=1vWRDTNxIW…
Aber ich mag auch den neuen Devin.
Schon allein deshalb, weil ihm völlig Wurst zu sein scheint, was andere von ihm denken.
@Ragi: definitiv mal Terria und Ocean Machine und/oder generell alles bis ca. 2005 anchecken. Kein Vergleich meines Erachtens. Er hat auch später gelegentlich Ausreißer nach oben gehabt, aber das war, kreativ gesehen, seine beste Zeit.
Was halt einmal mehr beweist, dass am Rande des Wahnsinns und im Elend die beste Kunst entsteht.
in seinem Fall definitiv. maßloser Marihuanakonsum nicht eingerechnet
Ocean Machine ♥