laut.de-Kritik
Lieber gehörig Arsch getreten als bemüht innovativ sein ...
Review von Alexander CordasDie Happy haben sich seit 2001 und ihrem Erfolgsalbum "Supersonic Speed" als Marke etabliert. Die Ulmer Crew um das Energiebündel Marta Jandova hielt sich auch nach diesem öffentlichkeitsträchtigen Paukenschlag im Business. Ihr kraftvoller Rock mit zarten Crossover-Anleihen gewann immer mehr Fans. Die Experimente finden im Ulmer Quartier nur behutsam statt. Bei "The Weight Of The Circumstances" wog das Gewicht der aufgeblasenen Produktion noch zu schwer für das als exzellente Liveband bekannte Quartett. Das machte sich vor allem dann bemerkbar, wenn sie die Studiogimmicks einfach beiseite ließen und ungestüm das Haus rockten.
Von ebenjenen barocken Produktionsmethoden haben sich Die Happy Anno 2005 hörbar verabschiedet. Zwar schimmert an manchen Ecken noch schmückendes Beiwerk durch, wenn Industrial-Anleihen und Konservenbeats den Klang aufpeppeln. Doch diese Elemente verkommen bei Album Nummer fünf nicht mehr zum Selbstzweck. Der Titeltrack startet nach dieser Maxime in bester Uptempo-Manier durch. Launisch, kraftvoll und in bester Spiellaune. Ein guter Beginn, den "In Love" mit einem recht dödeligen Refrain nicht fortzusetzen vermag, zu platt walzt die Gitarre mit Marta hier um die Wette.
Die Wahl, mit "Big Big Trouble" die erste Single ins Rennen zu schicken, erweist sich als nachvollziehbar. Spielen Die Happy hier doch gekonnt mit ihren Stärken, poppige Melodien in einen satten Rock-Kontext zu kleiden. Marta klingt gesanglich voll auf der Höhe, was schön mit der geerdeten Produktion harmoniert. Auf dem Cover posieren die vier auf dem Dach eines Hauses inmitten einer Betonwüste. Unten im Keller des Klotzes könnte gut und gerne der Proberaum stehen, in dem sie sich für die Aufnahmen fit machten. Das würde zumindest zu den Songs passen, die wieder direkter auf den Hörer einprasseln.
Das balladeske Moment ("Perfect", "Inside", Stranded")
muss anscheinend sein, gehört aber nicht zu den besseren Momenten auf "Bitter To Better", zu klischeehaft und pathosgeladen knödeln sich Die Happy durch die sanften Emotionen. Dann lieber ordentlich Gas geben, dann kommt auch fast immer schöner Rotzrock im Stile "Blood Cell Traffic Jam" heraus.
Den Beweis für die Wandelfähigkeit bleiben die Ulmer zwar schuldig, aber lieber gehörig Arsch getreten als bemüht innovativ sein. So bleibt auf der Habenseite ein solides Rock-Album, das zeigt, weshalb Die Happy nach wie vor im nationalen Konext eine nicht zu verachtende elektrifizierte Geige spielen.
Noch keine Kommentare